Donnerstag, 31. Dezember 2009

Selbstverachtung

Den letzten Eintrag hier schrieb ich unter anderem in der Absicht, andere, die hier möglicherweise mitlesen, vor mir zu warnen. So nach dem Motto: "Vorsicht, toxisches Gedankengut." Etwa so, wie vor 2000 Jahren die Lepra-Kranken andere vor sich selbst warnen mußten: "Achtung, aussätzig."

Nach dem Hochladen des Beitrags machte ich mich ans Geschirrspülen. Und bekam einen Heulkrampf. Bei mir sind Tränen meist echte Zeichen (also kein Selbstmitleid), das weiß ich unterdessen.

In wenigen Augenblicken wurde mir klar, was hier abläuft. Es paßt auch zu einem Hinweis, den ich gestern abend von einem Freund bekam. Ich werte mich selbst ab, ich bin selber meine allerschärfste Kritikerin. Wenn ich auch nur die kleinste Schwäche an mir entdecke, verurteile ich mich gnadenlos und unbarmherzig.

Da ich mir selber keinen Wert gebe, suche ich immer nach Bestätigung und Wertzuweisung von außen. Ich war immer ganz heiß auf Zeugnisse und Beurteilungen aller Art. Andere sollen mir sagen, wer ich bin und wo ich stehe, da ich mir dies selber nicht zutraue, da ich meiner eigenen Wahrnehmung mißtraue. Aber wer kann schon von außen so gut in mich hineinsehen, wie ich selber dies kann? Wer soll beurteilen können, wie es in mir drinnen aussieht?

Die Selbstzweifel, die ich in meinem vorigen Beitrag ausgedrückt habe, sind eine Funktion meines Egos, da bin ich jetzt sicher. Sie sind weitgehend unberechtigt. Ich lasse mir von dem Miesepeter in meinem Kopf mein unschuldiges Glück nicht mehr verderben. Mögen andere von mir halten, was sie wollen, ich bin jetzt sicher:

Ich bin sehr dicht an meiner eigenen Wahrheit dran, so dicht wie nie zuvor in meinem Leben!

Und das macht mich sehr glücklich!

Wo stehe ich?

Die Glücksgefühle halten bisher noch an. Schön, gegen eine etwas längere "gute" Phase hätte ich natürlich nichts einzuwenden.

Bei Küchenarbeiten hatte ich heute einen kurzen Moment, in dem ich aus den Gedanken aufschreckte und völlig "neben mir stand", also völlig irritiert und befremdet den Bewegungen dieses Körpers zusah. Ich fiel sofort wieder in die Gedankenwelt zurück.

Wo stehe ich in diesem "Ich-Vernichtungs-Prozeß"? Ich frage mich das immer wieder, es ist rätselhaft. Meine eigene Wahrnehmung ist widersprüchlich. Das Feedback, das ich von außen bekommen habe, war überwiegend negativ, so als wäre bei mir Hopfen und Malz völlig verloren. Das paßt aber nicht zu meiner eigenen Wahrnehmung: sooo schlimm ist es nicht.

Vielleicht war (oder bin) ich in den letzten Wochen eine Hochstaplerin, die irgendwelche Vorgänge/Erfahrungen nur gespielt, nachgeahmt, imitiert hat. Teilweise war das sicher so. Man erliegt ganz fix der Imitation. Mein Ego hat bewußt versucht, den Prozeß zu kontrollieren und zu beeinflussen. Da war viel aufgesetzt und unecht. Aber unter dieser unechten Oberfläche ist der echte Prozeß trotzdem weitergelaufen, das spüre ich, das ist keine Einbildung.

Denn nach jeder Ernüchterung und Desillusionierung des Egos komme ich doch immer wieder dahin zurück festzustellen, daß sich etwas verändert hat. Ich nehme mich anders wahr, und ich nehme auch die Welt anders wahr.

Es gibt insgesamt etwas mehr Leichtigkeit. Die Probleme drücken nicht mehr so schwer.

Mittwoch, 30. Dezember 2009

ein glücklicher Tag

Mir geht es heute gut. Ich bin glücklich. Es gibt einen Ausweg aus der Verstandes-Hölle, und ich werde diesen finden. Ich weiß es einfach, daß ich nicht mehr lockerlassen werde. Ich will es jetzt wissen!

Einen Vorgeschmack auf die Freiheit darf ich heute schonmal genießen: tiefe, ruhige Glücksgefühle. Dazwischen schmerzhafte Reue, aber auch die ist willkommen, denn sie löst etwas. Ich empfinde Reue gegenüber meinem Körper, ich bin nicht gut mit ihm umgegangen. Er durfte selten zu seinem Recht kommen. Ich möchte viel mehr auf ihn hören, ihm am besten ganz das Regiment überlassen.

Der Körper ist es, um den es eigentlich geht im Leben (auf der einen Seite). Er ist Träger und Ausdruck der Lebenskraft. Ich muß das noch tiefer begreifen, denn das ist für mich noch recht neu.

Es tut gut, das eigene Ego öffentlich zu demütigen. Es ist unglaublich befreiend. Diese Instanz in meinem Kopf, die sich zum Herrscher über das Leben aufspielt und doch nichts anderes tun kann, als tote Daten zu repetieren und zu interpretieren, ich bin ihrer so überdrüssig. Aber natürlich: solange ich Sätze verwende, die das Wort "ich" enthalten, spiele ich hier nur ein Spiel mit mir selbst. Die Wahrheit liegt jenseits von jeglichem Ich, und da möchte ich gerne hin. Ich möchte dahinkommen, daß "ich" völlig verschwinde.

"Mein" Ego ist arrogant, besserwisserisch, nörgelnd, stark repressiv, manchmal gar zynisch. Und immer wieder dem Hochmut verfallen. Wer diese Krankheit hat, wird sie so leicht nicht los.

Lange Zeit habe ich meine starken Schamgefühle als bestimmend für mein Leben empfunden. Jetzt weiß ich, daß diese den noch tieferliegenden falschen Stolz nur verdeckt haben. Ganz unten liegen Minderwertigkeitskomplexe.

Das ist alles Verstandes-Verstrickung, die schicksalhaft in der frühen Kindheit entstanden ist. Ich verurteile mich dafür nicht (und auch nicht meine Eltern), niemand hat Schuld! Es reicht, daß ich es jetzt anschauen und mich davon lösen kann. Der Verstand kann in seine Schranken gewiesen werden, er muß sich selbst in die Schranken weisen und zurücknehmen, das ist seine Lebensaufgabe. Die Aufgabe des Verstands ist es, sich selbst zu opfern.

Dieser menschliche Organismus hier möchte sich einfach nur entsprechend seiner Wesenszüge frei entfalten.

Und was ich wirklich bin, liegt ja sowieso außerhalb dieser Welt (bisher nur ahnungsweise begriffen).

An den Weihnachtstagen habe ich zwei Beobachtungen gemacht. Die erste Beobachtung war, daß "ich" körperliche Tätigkeiten wie die zahlreichen Festvorbereitungen wirklich völlig mechanisch ausführte, während die Gedanken um völlig andere Dinge kreisten. Wie ich jemals dem Glauben erliegen konnte, irgendein "Ich" würde dabei den Körper steuern, ist mir völlig schleierhaft. Das kann nur an der allgemeinen Hypnose liegen. Bei Arbeiten mit hohem Denk-Anteil (z.B. dem Schreiben am Computer) ist es subtiler, da fällt es nicht so leicht auf. Der Körper arbeitet wunderbar völlig ohne "Ich", das habe "ich" nun staunend und doch völlig folgerichtig beobachten können.

Die zweite Beobachtung, eigentlich mehr eine Empfindung, war: der Weihnachtsbaum und die Geschenke, die vertrauten Rituale, das ist alles eine Illusion, das ist alles gar nicht wirklich. Wie habe ich das so lange für wirklich und für wertvoll halten können? Es ist alles hohl und ohne Substanz, wie konnte mir das so lange entgehen? Andererseits habe ich gemerkt, wodurch ich mich wieder stark an die Welt binde: beispielsweise durch schweres Essen (das fesselt mich geradezu an die Materie), aber auch durch das (unterdessen völlig ungewohnte) Ansehen von zwei Spielfilmen. Die Fiktion des Spielfilms ließ merkwürdigerweise die Fiktion der Alltagsrealität wirklicher erscheinen.

Wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich nun schon seit einigen Wochen kein "Ich" mehr, ich vermeide diese Blicke auch geradezu, es ist etwas unangenehm. Ich sehe da ein (von mir!) gequältes Menschenwesen, das einfach nur leben und frei sein möchte.

"Ich" habe sooo eine große Sehnsucht, wieder mit dem Ursprung zu verschmelzen, es wäre so befreiend.

"Ich" sehe aber auch, wo die Verstandesstricke mich noch halten, wo ich noch nicht genug loslassen kann. Da muß weitergebohrt werden.

Für heute abend habe ich kurzfristig meine Lebensgefährtin ausgeladen, wir werden uns erst morgen treffen. Ich verletze sie damit (besser: sie fühlt sich verletzt), das fällt mir schwer, aber ich brauchte heute noch eine Auszeit für mich ganz alleine.

Ich war heute länger als sonst im Wald, eine Stunde lang. Ich folgte einem unbekannten Weg, der Neuschnee reflektierte genug Licht, um gut sehen zu können. Es gibt hier in meiner unmittelbaren Nähe ein sehr kleines, aber sehr kostbares Naturschutzgebiet, ich bin so dankbar dafür. Es ist wunderbar. Offene Heideflächen und Moore, einzelne prächtige Bäume, auch viel Totholz darunter, ein kleines Stück Freiheit ganz in Großstadtnähe, eine Oase des Friedens. 10 Jahre lang wußte ich nichts davon und hatte mir auch vollständig verboten, einen Wald zu betreten (aus perverser Selbstverstümmelung, natürlich vom Verstand konstruiert). Erst seit Beginn dieses Jahres lockere ich die selbsterzeugten Fesseln. Und erst seit wenigen Wochen erlaube ich mir, diesen Ort genauer zu erkunden, vorzugsweise im Dunkeln, denn das befreit mich stärker vom Ego als es bei Tageslicht möglich wäre.

Ich hatte dort heute tiefe Glücksgefühle, obwohl es mir nicht gelang, die Gedanken richtig abzuschalten. Vermutlich ist das heute auch wieder nur eine Erfahrung, die vorübergehen wird. Das wahre Glück und den wahren Frieden gibt es erst jenseits der Dualität, das habe ich jetzt gründlich begriffen. Ich fühle mich nahe dran, aber noch nicht da. Ich bin heute etwas in einem emotionalen Rausch, das ist auch nicht die Wirklichkeit, das ist nur eine Erfahrung in der Dualität – aber heute eine sehr, sehr schöne. :-)

Diese Momente der inneren Einkehr, des Friedens und der Stille, das ist das wahre Leben. Darum geht es, um nichts sonst! In meinem gesamten Leben gab es nur so sehr wenige dieser Augenblicke, aber einige dieser Augenblicke waren in diesem Jahr, und sie häufen sich jetzt. ENDLICH habe ich begriffen, worum es geht! Ich mußte mich über viele Jahre sehr, sehr tief verstricken und zusätzlich vor allem in den letzten Wochen wiederholt sehr tief fallen, um da hinzugelangen, wo ich jetzt bin: sehr nahe an mir selbst dran, vielleicht auch schon da, an einem Zipfel zumindest.

Alles, was Menschen normalerweise für wertvoll halten: es zählt NICHTS, es ist komplett wertlos. Angesichts des Todes zählt es nicht. Was zählen wird, sind einzig die wenigen Augenblicke des Lebens, in denen wirklich gelebt wurde. Und davon bin ich immer noch so weit weg.

Aber ich lasse nicht mehr locker, ich gehe diesen Weg jetzt bis ans Ende, egal, wie schmerzhaft es noch wird (und es war zuletzt brutal schmerzhaft, aber das ist wurschtegal). Heute war ein glücklicher Tag, es war wunderbar! :-)

Dienstag, 29. Dezember 2009

Stille

Gestern abend habe ich mehrere Stunden hochkonzentriert und zügig gearbeitet, um eine Steuererklärung noch fristgerecht zum Jahresende fertigzustellen. Eine äußerst ungeliebte Arbeit, bei der ich aber immer sehr klar meinen "Stundenlohn" in Form einer Steuerrückerstattung vor Augen habe. Solange der für mich stimmt, mache ich mir die Arbeit, andernfalls würde ich es lassen. Hier habe ich jedenfalls keine Konzentrationsprobleme und auch keine Kopfschmerzen. Was mir das in Bezug auf mein Jobproblem sagen will, ist unklar. (Vielleicht folgendes? "Wenn ich wirklich will, dann kann ich auch arbeiten, sogar Kopfarbeit.")

Anschließend, mitten in der kalten Nacht, war dann erstmals seit Tagen wieder die Gelegenheit, alleine in den Wald zu gehen. Die Natur ist dann so unglaublich still, und die Szenerie im Mondlicht so unwirklich. Mir hilft das, der wahren Wirklichkeit näher zu kommen. Die Gedanken kommen zur Ruhe, und das Bewußtsein der Welt um mich herum schrumpft. Wenn ich dann am Wendepunkt meines Spazierwegs einige Minuten still innehalte und die Augen schließe, komme ich immer dichter an mich selbst heran. Es ist unterschiedlich, wie stark mir das gelingt. Die Aufmerksamkeit zieht sich immer mehr zusammen, bis nur noch ich übrigbleibe. Leider will das Ich bisher nicht verschwinden, es ist auch in diesen sehr dichten Momenten immer noch da.

Hundegebell aus unklarer Entfernung schreckte mich auf, ich machte mich hastig auf den Rückweg. Ich glaube, es sind Jäger im Wald unterwegs, denen möchte ich ungern begegnen (nicht, daß sie mich für ein Wildschwein halten, sowas soll es schon gegeben haben ;-)).

Als ich wieder zu Hause war, folgte ich einem inneren Impuls und erstellte eine Liste mit rund einem Dutzend Erfahrungen, die ich nächstes Jahr gerne machen möchte. Ganz überwiegend waren das Seminare oder ähnliche Veranstaltungen, an denen ich gerne mal teilnehmen möchte, als lediglich ein Punkt taucht auch ein berufliches Praktikum auf. Diese Liste war nicht vom Verstand konstruiert, sie erwuchs aus der Stille. Daß sie etwas mit meinem gestrigen Thema Lebenskraft zu tun hat, wurde mir erst hinterher klar. Diese Seminare würden mir Freude machen und so blockierte Energie wieder ins Fließen bringen.

Ich gehe meist mit der Frage nach meiner Berufung in die Stille. Es gibt einfach keine klaren inneren Signale dazu. Das war ja schon während meiner Visionssuche im Sommer mein Problem. Vielleicht muß ich ja doch da ausharren, wo ich jetzt bin – obwohl ich zum Sprung unterdessen (fast) bereit wäre. Eine andere Möglichkeit, die ich schon oft erwogen habe, wäre eine Teilzeit-Tätigkeit, die mir mehr Zeit für meine wahre Berufung, die Selbsterkenntnis, geben würde. Denn mit "Selbsterkenntnis" kann man heutzutage wohl kaum seinen Lebensunterhalt verdienen (und es zu tun, wäre ja auch ein wenig anrüchig).

Heute war ich den ganzen Tag mit anderen Dingen beschäftigt, am frühen Abend dann erneut im Wald. Diesmal schreckten mich an meinem Ort der inneren Einkehr zunächst Geräusche und diesmal dann tatsächlich ein freilaufender Hund auf (ob der meine Angstfreiheit testen sollte? Ich hatte Angst, aber keine Panik), gefolgt von zwei Spaziergängern. Viel Ruhe hatte ich dort also nicht, ich kehrte dann sofort um.

Danach kam mir in den Sinn: vielleicht kann mein Ich noch nicht sterben, weil ich noch einige Erfahrungen im Leben machen muß, die mir bisher fehlen. Dazu passen auch die Seminare, die ich mir ausgeguckt habe.

Andererseits hatte ich bereits vor vielen Wochen von tief innen das sehr starke Bedürfnis, mich hinzugeben und zu opfern. Zu dem Zeitpunkt wußte ich noch überhaupt nicht, worum es geht, und mißinterpretierte den inneren Drang (ich dachte, das sei was Sexuelles). Unterdessen habe ich ja einiges dazu gelesen (aktuell lese ich: "Selbsterkenntnis und die Erfahrung der Leere", Gerd-Lothar Reschke). Ich habe es jetzt so verstanden: das Selbst steuert die Entwicklung des Menschen. Und zu irgendeinem Zeitpunkt strebt das Ich sein eigenes Opfer an, um sich dem Ganzen hinzugeben.

Wo in diesem Prozeß ich derzeit stehe, weiß ich nicht. Meine Einschätzung schwankt ständig. Einerseits bin ich gerade wieder ganz an den Anfang zurückgeworfen, andererseits bin ich anscheinend auch schon sehr weit.

Ich werde jetzt regelmäßig Stille suchen, so gut es möglich ist, um den Botschaften aus meinem Inneren mehr Chance auf Gehör zu geben.

Montag, 28. Dezember 2009

blockierte Lebenskraft

Ich habe heute etwas über Ersatzbefriedigungen gelesen, das hat mich tief getroffen. Es ist inhaltlich für mich überhaupt nichts neues, ich weiß, daß ich ständig Ersatzbefriedigungen heranziehe, meine bevorzugte ist das Essen.

Aber heute hat irgendwas in mir klick gemacht. Ich bin seitdem total aufgewühlt, voller Schmerz und Zorn.

Worauf warte ich eigentlich noch, bevor ich endlich anfange zu leben? Wieviele Einsichten, Erkenntnisse oder auch Ernüchterungen/Erschütterungen brauche ich noch? Reicht es nicht langsam mal? Ich habe so viel gelitten in meinem Leben und verstärkt seit meiner vertieften Beschäftigung mit der Selbsterkenntnis – verdammt, wir sind nicht auf der Erde, um zu leiden, sondern um das Leben zu feiern.

Ich habe heute auch etwas darüber gelesen, daß Lebenskraft die komplementäre Seite zur Bewußtheit ist. In den letzten Wochen habe ich mich vor allem mit der Seite der Bewußtheit befaßt, die andere Seite ist dabei zu kurz gekommen.

Bei mir ist die Lebenskraft total blockiert. Sie war vor etwa zwei Jahren sogar so stark blockiert, daß ich quasi schon tot war, eine lebende Leiche. Seitdem kommt ganz langsam in einigen Lebensbereichen ein klein bißchen Bewegung hinein.

Ich fühle mich wie ein Tiger, der lebenslang in einen viel zu kleinen Käfig eingesperrt war – und immer noch ist. Der Tiger will da raus, er will endlich leben.

Ich bin diese ganzen Gesellschaftsspiele, diese Konventionen und starren Verhaltensmuster so unglaublich leid. Ich spiele sie immer noch mit – wider besseren Wissens.

Über Weihnachten war meine Lebensgefährtin bei mir (wir kennen uns schon lange, wohnen aber nicht zusammen). Ich habe dieses Beziehungsthema bisher aus dem Blog komplett ausgeklammert, aus Rücksicht auf sie. Aber nun läßt sich nicht mehr vermeiden, es zumindest mal zu erwähnen.

Sie hat in diesem Jahr unter meinem übersteigerten Egoismus stark gelitten. In den letzten Tagen habe ich mich hier ja auch mit meinem "spirituellen Ego" befaßt. Um an ihr etwas wiedergutzumachen, habe ich über die Feiertage auf sie Rücksicht genommen, die alten gewohnten Rituale mitgespielt. Wenn ich zu stark Rücksicht nehme, verliere ich aber mich selbst. Ich finde wahnsinnig schwer, da zu unterscheiden: wo ist es gesunde Selbstbezogenheit, und wo ist es ungesunder Egoismus?

Wir haben uns gemeinsam zwar stark aus der Gesellschaft und unseren Ursprungsfamilien zurückgezogen und sind somit vielen Normen entgangen, aber stattdessen haben wir unsere eigenen einengenden Muster und Rollenspiele aufgebaut. Ich lasse mich von ihr in diesen alten Mustern festhalten, und das tut mir nicht gut.

Wenn es nur nach mir gegangen wäre, hätte ich Weihnachten dieses Jahr etwas anders verbracht, reduzierter vor allem, um Zeit zu gewinnen für anderes.

Um wirklich frei zu sein, müßte ich ALLE Muster durchtrennen, und das sind bei mir insbesondere die Beziehungsmuster und die beruflichen Muster. Mein Verstand fürchtet sich davor: er denkt, das würde in kompletter Einsamkeit und finanziellem Abstieg resultieren.

Die Muster stammen aus meiner frühen Kindheit, ich sehe sie jetzt deutlich. Und ich bin sie total leid. Es ist alles Lüge, unechte Fassade, Maske. Immer noch scheue ich die entscheidenden Schritte. Aber es brodelt in mir.

Sonntag, 27. Dezember 2009

Umgang mit fremden Texten

Ich möchte noch ein weiteres Ego-Thema beleuchten, das jetzt klarer geworden ist: meine Art, einzelne Sätze oder Abschnitte aus Büchern, die ich lese, durch einen Fleischwolf zu drehen und durchmischt mit eigenen Gedanken und Erfahrungen wieder auszuspucken, ist total unangemessen. Das ist ein Mißbrauch. Nicht zum ersten Mal in meinem Leben verärgere ich damit einen Autor.

Also, so geht es nicht. Ich bin jetzt allerdings verunsichert, wie ich es anders machen sollte, und inwieweit ich überhaupt noch hier Bezug auf meine Lektüre nehmen sollte. Denn natürlich beeinflußt mich das, was ich lese, sehr stark.

Sobald ich herausgefunden habe, wie sich das Layout hier verändern läßt (ich habe es schon wiederholt erfolglos versucht), werde ich mal eine Bücherliste anlegen. Dann muß ich nicht so oft in den Beitragstexten darauf Bezug nehmen.

Ich müßte zudem wohl etwas an meiner inneren Auseinandersetzung mit fremden Texten ändern. Ich beziehe immer alles auf mich und sehe es durch meine Brille. Das läßt sich auch kaum vermeiden, denn mein Ego behindert ja meine klare Sicht. Ich weiß nicht, inwieweit es alternativ möglich ist, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen und einen Text aus der Sicht des Autors zu lesen. Es erforderte jedenfalls mehr Einfühlung, als ich normalerweise aufzubringen bereit bin. Theoretisch habe ich viel Einfühlungsvermögen (zumindest bilde ich mir das ein), aber praktisch wende ich es selten an – aus Egozentrik, natürlich.

Ich brauche mehr Offenheit und Unvoreingenommenheit, um wirklich etwas Neues aufnehmen zu können. Weniger selber reden und denken, sondern mehr zuhören. Wenn ich alles mit meinem Verstand interpretiere und in meine Denkstruktur eingliedere, dann zerstöre ich möglicherweise gerade die Wirkung von Texten, die eben nicht auf den Verstand zielen. Dann dient das, was ich lese, nur dem Aufbau einer neuen esoterischen Struktur und bringt mich in der Selbsterkenntnis kein Stück weiter.

--------------------

Heute bin ich melancholisch und in mich gekehrt. Leicht depressiv ist sowieso meine überwiegende Grundstimmung seit Jahren. Als Kind war ich aber anders: fröhlich und voller Energie. Also scheint die Depression doch nicht meinem Wesenskern zu entsprechen, sondern ist eine krankhafte Abirrung davon. Das in mir als Mensch angelegte Wesen kann sich nicht frei entfalten, weil die harte Ego-Struktur es blockiert.

Zu viel Beschäftigung mit der Selbsterkenntnis führt bei mir dazu, daß ich ein "spirituelles Ego" züchte, d.h. ich verfalle dann erst recht dem Ego-Wahn. Das hatte ich vor einigen Wochen schonmal erkannt, es ist jetzt umso deutlicher. Da wieder rauszukommen ist schwer. Um gegenzusteuern ist für mich wichtig, mich nicht völlig von anderen Menschen zu isolieren. Denn Menschen, die mir nahestehen, spiegeln mir meinen Egoismus. Und das brauche ich, um auf den Teppich zurückzukommen, wenn ich mich in Ich-Überschätzung hineingesteigert habe. Eine bessere Balance zwischen Selbsterkenntnis und den Anforderungen des Alltags würde mir vielleicht helfen.

Aber kann ich mir das vornehmen? Kann ich mir überhaupt irgendetwas vornehmen? Schließlich habe ich ja unterdessen erkannt, daß es gar kein handelndes Ich gibt. Ganz klar ist es noch nicht. Wozu ist der verirrte Verstand fähig? Er kann beliebige Gefühlsreaktionen erzeugen durch seine ausgesponnene Phantasiewelt. Kann der Verstand in geringem Umfang auf Handlungen des Körpers Einfluß nehmen oder nicht? Je tiefer ich ins Thema eindringe, desto verwirrender wird es. Es geht immer mehr Halt verloren.

Wenn ich bis an den Punkt gelangen würde, an dem das Ich vollständig verschwindet, zumindest mal für einen Augenblick, würde vielleicht noch mehr Bewegung in meine verhärtete Ego-Struktur kommen. Wenn Rückbesinnung auf den Ursprung die einzig wirksame Heilungsmethode ist, dann sollte ich da wohl weitermachen – sofern "ich" da überhaupt was "machen" kann.

Immerhin hatte ich wenige Tage vor dem von außen gesetzten "Aus" selber erkannt, daß ich meine an die Schulteilnahme geknüpften Ambitionen und Hoffnungen opfern muß. Das tat ich auch, wenn auch mit Hintergedanken / einer inneren Hintertür. Meine Hingabe war nicht vollständig, und somit bin ich auch nicht bis an den Punkt gelangt, an dem das Ich ganz verschwindet. Es muß alles aufgegeben und geopfert werden, was an diese Scheinwelt bindet.

Nach der Erschütterung hat sich mein Ego aber wieder schnell stabilisiert, und deshalb ist dieser Blog für mich jetzt das wichtigste Hilfsmittel. Hier habe ich eine Chance, das ICH zu überführen und bloßzustellen.

Samstag, 26. Dezember 2009

Ego-Struktur

Ich möchte mich nochmal näher mit der inneren Struktur befassen, die jetzt schmerzhaft und sehr peinigend offenliegt.

Es ist eine Konditionierung aus meiner Kindheit. Zur Kompensation meiner starken Minderwertigkeitsgefühle habe ich immer nach etwas gesucht, was mich von anderen abhebt, was mich zu etwas Besserem und Besonderen macht. Gute schulische Leistungen waren ein Mittel ebenso wie eine gewisse Exotik in Folge von Umzügen ins Ausland. Zum Schutz meiner empfindsamen Seele habe ich mir einen dicken Gefühlspanzer zugelegt, der starr und unbeweglich macht. Nach außen wirke ich dann abweisend, schroff, unzugänglich. Lange Zeit hatte ich ein "Streber"-Image. Ich verbaue mir Kontakte zu anderen Menschen auf Augenhöhe, weil ich mich entweder unterlegen oder überlegen fühle. Letzteres steht häufig in Verbindung mit Verachtung und Abwertung.

Diese Struktur wendet sich natürlich genauso gegen mich selbst wie gegen andere, es ist gleichzeitig auch das, was ich mir selber antue. Es blockiert tiefere Schichten in mir, es ist eine sehr harte, einengende Schale. Ich glaube, es ist genau diese Struktur, die mich auch in meiner beruflichen Situation festnagelt. Erst wenn sie restlos zertrümmert ist, wird vermutlich echte Bewegung in meine Arbeitsplatzproblematik hineinkommen. Und da es bei Arbeitsplatzproblemen um meine Existenz geht (auch nach Ansicht des Verstands), habe ich gar keine andere Wahl, als jetzt entschlossen weiterzugehen. "Man muß Geld verdienen, um zu überleben." Das ist ein Motto, das ich ungeprüft aus dem Elternhaus übernommen habe. Ich habe niemals mit wenig Geld auskommen müssen, nicht einmal während meiner Ausbildung. Da bezog ich schon ein geradezu fürstliches Gehalt, und studiert habe ich nicht.

Ich hatte vor einiger Zeit schonmal die Idee, mal probeweise einen Monat oder länger auf Hartz IV – Niveau zu leben, als kleinen Test, um ein wenig mehr Erfahrungen zu sammeln. Denn meine Angst, mit weniger Geld als heute nicht auszukommen, ist sehr groß. Und vermutlich gebe ich zu viel Geld für Unwichtiges aus. Mal sehen, vielleicht verfolge ich das im nächsten Jahr.

Vor wenigen Tagen hatte ich einen anregenden Austausch mit einem Phönix-Schüler zu meinem beruflichen Problem. Mir ist dadurch bewußtgeworden, und diesmal bin ich recht sicher, daß ich eine berufliche Veränderung brauche. Die Lebenskraft will mich woanders hinspülen, nur das Ego wehrt sich verzweifelt dagegen und klammert sich am bestehenden fest. Das Ego befürchtet einen Dammbruch und totale Vernichtung alles bisherigen. Vermutlich ist es bei weitem nicht so dramatisch.

Es ist zwar richtig, die Ist-Situation erstmal vorbehaltlos anzunehmen, aber das scheint nicht der Platz zu sein, wo ich letztlich hinsoll. Ich habe seit mindestens 15 Jahren wiederkehrende Depressionen, und dies hier scheint mir deren Ursache zu sein: ich folge nicht meiner inneren Berufung.

Wo es mich hintreibt und hindrängt, sehe ich immer noch nicht, leider. Vielleicht werde ich das erst erkennen können, wenn die genannte harte Schale noch weiter zerlegt wurde. Und dafür brauche ich vermutlich Hilfe.

Weiteres Nachgrübeln und Nachdenken hilft jedenfalls nicht, im Gegenteil. Eine Idee, auf die mich der genannte Austausch brachte, wäre ein Praktikum in irgendeinem mir völlig fremden Terrain, um festzustellen, ob mir das überhaupt liegt. Ich hatte ja an einen sozialen Bereich gedacht, vielleicht wäre das mal eine heilsame Erfahrung. Aber ein Beruf im sozialen Sektor ist für jemanden, der so stark um sich kreist wie ich wohl kaum sinnvoll. Ich wäre dazu wohl kaum in der Lage.

Was ich am liebsten tue, ist mich selbst darstellen und mich dafür bewundern lassen. ;-) Das ist natürlich wieder das Ego, aber es scheint auch etwas von meiner menschlichen Natur zu sein, die ich nicht völlig werde umpolen können. Künstlerischer oder handwerklicher Ausdruck könnte mir liegen. Aber da fehlen mir jegliche Voraussetzungen, ich kann ja nichts, es gibt auch kein ausbaufähiges Hobby. Ich gehe gerne mit Naturmaterialien um, und als Kind fühlte ich mich in wilder Natur am wohlsten. Wie zimmere ich mir daraus ein neues berufliches Tätigkeitsfeld?

Lebenslektion

1) Eingebung: Ich nehme viel, aber ich gebe wenig.

2) Selbstgespräch: Was tust Du hier im Internet? Du bist wahnsinnig, hier Deine privatesten und persönlichsten Gedanken und Gefühle öffentlich zu machen. Was schreibst Du da, das ist doch total peinlich, damit entwürdigst Du Dich doch. Zieh Dich zurück ins Privatleben und in die Anonymität, lösche diesen Blog.

3) Traum: Ich sitze im Versammlungsraum einer christlichen Gemeinde im Kreis. Ich werde zur Vorsitzenden/Gemeindevorsteherin gewählt. Ich nehme diese Wahl ungerührt zur Kenntnis. Danach kommt der Papst zu mir und schenkt mir eine geweihte Kerze. Ich freue mich, bleibe aber auch hier eher distanziert und ungerührt.


zu 1) Früher hatte ich auch Phasen, in denen ich hilfsbereit und großzügig war. Seit längerer Zeit bin ich überwiegend gierig und geizig. Tut weh, da hinzusehen.

zu 2) Als ich mich gestern abend stark geerdet im Alltagsbewußtsein fühlte, hatte ich diese Gedanken. Es sind Eingebungen des Versuchers, des Satans in mir (des Verstands also). Ich werde ihnen nicht nachgeben, denn ich habe den Sinn eines öffentlichen Tagebuchs jetzt erlebt. Auch und gerade angesichts der Niederlage werde ich weiterschreiben. Denn nur so kann ich über mein Ego hinauswachsen. Oder besser: nur so kann mit dem Ego auch das Ich ganz verlorengehen.

zu 3) Dieser Traum aus der letzten Nacht ist total entlarvend. Ja, so würde ich mich gerne sehen, völlig im Mittelpunkt stehend, selbst der Papst ist mir zu Diensten. Und ich nehme diese Ehrungen dann auch nur eher abweisend entgegen, denn sie stehen mir in meiner Vollkommenheit ja zu. Dieses Zerrbild von mir ist so grotesk, daß es nicht einmal Schamgefühle in mir wachruft – nur schallendes Gelächter. :-) Das ist sooo komisch, besser als jede Komödie. :-) Nein, liebes Ego, hier hast Du Dich gnadenlos selbst überführt – nun kannst Du Dich bitte gerne verabschieden.

Dieser Traum zerstört eine weitere Illusion: bisher habe ich geglaubt, daß aus Träumen eine tiefere Wahrheit spricht, daß Träume kostbar sind. Nun muß ich erkennen: sie sind genauso Verstandesausgeburten wie alle im Tagesbewußtsein erlebten Phantasien und Träume. Beides ist gleichermaßen Anmaßung und Unwahrheit.



Ich bin übrigens völlig im Frieden mit der Entscheidung, daß ich nicht an der Phönix-Schule teilnehmen darf. In jedweder Organisation zum Weg, sei es eine Innere Schule oder sonst etwas, würde meine Aufnahme ein derart aufgeblasenes Ego zur Folge haben (ich würde mich als Teil einer Elite fühlen), daß mich niemals wieder jemand auf den Teppich holen könnte. Man dürfte mich dort erst reinlassen, wenn mein Ego schon ganz gestorben ist – und dann hätte ich die Teilnahme ja nicht mehr nötig. ;-)

Bei mir fallen Anfang und Ziel des Wegs irgendwie in einen Punkt zusammen. Und dazwischen drehe ich sich wiederholende Schleifen. Ich glaube, es ist meine Bestimmung, einen harten und einsamen Weg zu gehen – das hat was mit der Struktur meines Egos zu tun, und es ist weder mein Verdienst noch meine Schuld, es ist einfach mein Schicksal.

Ganz allein könnte ich den Weg trotzdem nicht gehen, das schafft so gut wie niemand. Ich brauche Weggefährten, ich brauche Begleitung, und ich brauche Führung. Ich habe dafür in der Vergangenheit schon bei verschiedenen Menschen angeklopft und bekam dann eine Zeitlang oder sporadisch Unterstützung. Immer muß ich dabei wie eine Bettlerin um Hilfe bitten, nie kann ich irgendeinen Anspruch geltend machen. Es zwingt mich zur Demut, und wenn ich nicht mehr demütig genug bin und mich über den Menschen erhöhe, der mir hilft, dann fliege ich in der ein oder anderen Weise aus dem Kontakt heraus. Das habe ich wiederholt erlebt (auch schon beispielsweise in einer langen Therapie vor weit über 10 Jahren: damals habe ich meinen Rauswurf nicht begriffen und nichts daraus gelernt, das wird mir jetzt sehr schmerzhaft bewußt).

Über diesen Charakterzug kann ich auch nicht lachen, den finde ich widerlich. Der Ablauf ist immer gleich: wenn ich mich hilfesuchend an einen Menschen wende, fühle ich mich zuerst unterlegen. Im Verlauf der Zeit fühle ich mich irgendwann auf Augenhöhe, und dann kippt es, und ich fühle mich überlegen. Dann beginne ich, die Schwächen des anderen wahrzunehmen und blicke verächtlich darauf herab. Das ist ekelhaft, und dafür schäme ich mich abgrundtief.

So hart wie diesmal war es noch nie. Die letzten Wochen waren unglaublich schmerzhaft – und sehr hilfreich, denn einige meiner harten Ego-Schalen sind dabei anscheinend zu Bruch gegangen. Noch nie habe ich im nachhinein so klar gesehen, welches miese Spiel ich gespielt habe. Die Ursache dieses Spiels ist ein tiefsitzender Minderwertigkeitskomplex, aber das ist keine Entschuldigung.

Irgendwann muß ich diese Lebenslektion doch mal kapieren: wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt – als zwangsläufige Folge. Je größer der Hochmut, desto tiefer der Fall. Ist doch ein Scheiß-Spiel! Schöner wäre es doch, sich von vornherein als Mensch unter Menschen zu fühlen, auf gleicher Ebene, denn wir sind alle eins.

Was diesmal anders ist als bei den zahlreichen Runden, die ich vorher gedreht habe: ich bin mir selbst auf den Grund gegangen, ich bin tiefer in mich eingetaucht als je zuvor. Angestoßen durch den mir zuvor völlig fremden, unverständlichen und tief angsteinflößenden Begriff „Ich-Illusion“, angetrieben durch den Hinweis, daß ich nur um die „Scheinwichtigkeit meines eigenen Ichs“ kreise und geführt durch das, was ich dann dazu gelesen habe, habe ich verstanden und ahnend teilweise auch schon erleben dürfen, wer ich wirklich bin: ich bin nicht der Verstand und ich bin nicht dieser Körper. Ich bin davon unabhängig und ich bin verbunden mit dem Ganzen.

Tiefer reicht meine Erfahrung noch nicht, aus der Dualität bin ich noch nicht herausgekommen (nach dem, was ich gelesen habe, müßte die Erfahrung dann aufhören, weil es dann keinen Erfahrenden mehr gibt), aber ich spüre schon einige angenehme Folgen aus dieser ansatzweisen Wiederverbindung mit dem Ursprung: ich fühle mich deutlich freier als vor einigen Wochen, ich habe mehr innere Distanz zu meiner Rolle, ich empfinde zumindest manchmal ein Gefühl von innerem Frieden, und generell scheint die innere Unruhe, die mich so stark angetrieben hat, etwas nachgelassen zu haben. Es ist etwas erreicht worden, der Schmerz war nicht völlig sinnlos, und das macht mich glücklich. Es geht mir gut! Es geht mir überraschend gut angesichts dieser Niederlage, dieses Desasters.

Freitag, 25. Dezember 2009

Hochmut kommt vor dem Fall

Seit meinem letzten Eintrag hier ist viel passiert. Ich habe jetzt die unangenehme Aufgabe, nicht nur diesen Wegabschnitt zusammenzufassen, sondern auch aufzuarbeiten, was zuvor schiefgelaufen ist. Ich will nicht kneifen, wenn es wehtut.

Ich bin in diesem Blog voll in eine Falle gerannt, die ich mir selbst gestellt habe. Diese Falle besteht aus Hochmut, Überheblichkeit, auf andere verächtlich hinabblicken, mich für etwas Besseres und Besonderes halten, mich wahnsinnig wichtig finden, mich für den Mittelpunkt der Welt halten, total egozentrisch nur um mich selber kreisen, alles allein machen wollen, alles besser wissen und anderes mehr.

Zudem spiele ich Machtspiele und manipuliere andere Menschen.

Ich habe angefangen zu kopieren und zu imitieren, und ich habe mich ganz unangenehm angebiedert. Das ist peinlich und beschämend, wenn ich das jetzt nach und nach an mich heranlasse.

Nach meinem letzten Eintrag hier erreichte mich eine vernichtende Kritik und damit verbunden die endgültige Absage seitens des Schulleiters der Phönix-Schule, um deren Teilnahme ich mich beworben hatte.

Das hat mich vom Sockel gestürzt. Hochmut kommt vor dem Fall. Ich bin sehr tief gefallen. Zuvor hatte ich mir doch tatsächlich eingebildet, auf meinem Weg schon weit fortgeschritten zu sein, gar nahe am Ziel zu sein.

Ich stelle jetzt fest: ich bin wieder ganz am Anfang (oder sogar noch davor). Ich muß den ganzen Weg nochmal von vorne gehen, mit mehr Gründlichkeit, mit mehr Tiefgang und mit mehr Aufrichtigkeit. Ich werde dafür Hilfe brauchen, denn alleine komme ich niemals aus meiner harten Ego-Schale heraus. Den Weg zu einer Hilfestellung habe ich mir nun gründlich verbaut. Das ist bitter, aber das liegt ganz in meiner eigenen Verantwortung.

Soviel mußte heute schonmal gesagt werden, als ein kleiner Anfang einer Aufarbeitung, obwohl ich über Weihnachten eigentlich eine Pause machen wollte. Der innere Druck ist stärker als das denkende Ich.

Montag, 21. Dezember 2009

Gibt es ein Problem?

So, nun habe ich es getan. Ich habe mich im Blog eines Phönix-Schulmitglieds als eine Art "Leidensgenossin" geoutet – die allerdings außen vor steht.

Hoffentlich hat es einen Sinn, daß ich das getan habe, und war nicht nur purer Egoismus. Ich bin gespannt, ob es irgendeine Reaktion geben wird.

Am Arbeitsplatz wird mir heute bewußt, daß meine Probleme mit meiner Leistungsfähigkeit niemanden außer mich zu interessieren scheinen. Das ist im Konzept einfach nicht vorgesehen. Ich stehe mit einem Bein schon außerhalb der Konzepte – und wundere mich, daß ich mit meiner (von mir so empfundenen) Minderleistung so gut durchkomme (mein Chef hat mir dagegen vor kurzem gesagt, daß er mit mir sehr zufrieden ist, ich weiß allerdings nicht, ob sich das nach meinem Hilfeersuchen neulich geändert hat).

Vielleicht ist die Lösung einfach die, das zu tun, wozu ich in der Lage bin. Und zwar Tag für Tag, ohne Vorplanung und ohne Konzept, wie es weitergeht. Falls irgendwann ein Punkt kommt, an dem mein Vorgesetzter mit meiner Leistung nicht mehr zufrieden ist, dann wird er mir das wohl sagen. Und dann wird mein Organismus darauf irgendwie reagieren – so wie ich es jetzt sowieso nicht vorhersehen kann.

Dieser Mensch hier ist viel intelligenter als das Gehirn, das sich nur einbildet, irgendeine Kontrolle zu haben. Wenn es wirklich an die Existenz gehen sollte – und damit ist nur physische Existenz gemeint – dann wird der Körper reagieren. Aber um physische Existenz geht es ja gar nicht. Ich lebe im Wohlstand. Und dieser Wohlstand würde selbst nach einem Ende dieses Jobs noch längere Zeit anhalten.

Ich habe für nächstes Jahr andere Aufgaben in Aussicht, die nichts mit Programmieren zu tun haben. Wenn ich mich darauf fokussiere (und falls mir das gelingt), dann kann ich ja vielleicht sogar in diesem Job verbleiben.

Denn ich empfinde keinerlei Impuls, Bewerbungen zu schreiben und/oder nach Jobs zu suchen. Im Gegenteil: beides stößt mich ab. Wenn ich keinerlei Begeisterung entwickeln kann, mir etwas Neues zu suchen, und auch keinerlei Begeisterung für das entwickeln kann, was ich derzeit tue, dann kann das Problem doch nur in mir drinnen liegen.

Die Lösung ist nie außen, sie ist immer innen.

Ich glaube ja, daß mich mehr Kontakt zur Natur auch im beruflichen Alltag glücklicher machen würde. Andererseits finde ich es aber auch angenehm, bequem am Schreibtisch zu sitzen.

Das ist eine Deadlock-Situation, ich drehe mich nur im Kreis. Das Gehirn kreist um sich selbst. Wenn es endlich den Löffel abgeben würde, dann würde sich das Problem vermutlich in Luft auflösen. Dann würde es irgendwie weitergehen, von Tag zu Tag, unvorhersehbar.

Ich BIN doch schon an genau dem richtigen Ort. Auch die berufliche Situation hat sich mein Organismus genau so ausgesucht. Es ist vermutlich genau der Kompromiß, der angesichts der unbefriedigenden gesellschaftlichen Situation für mich derzeit der bestmögliche ist. Und wenn mein Organismus in echte Existenzangst (und nicht die eingebildete des Gehirns) käme, dann würde er schon irgendwie reagieren, unvorhersehbar.

Es gibt gar kein Problem, ich mache mir nur eines.

Ich habe immer noch viel Angst vor möglichen physiologischen Veränderungen. Ich habe bei U.G. Krishnamurti gelesen, daß ein Mensch nur frei werden kann, wenn er sich von der gesamten Vergangenheit trennt – nicht nur seiner eigenen, sondern der der gesamten Menschheitsgeschichte. Und das geht nur, indem im Gehirn und in allen Zellen des Körpers eine Umstrukturierung stattfindet. Nur dann gelangt der Mensch in den "natürlichen" Zustand.

Ich weiß nicht, ob ich den haben will. Es erscheint mir so furchteinflößend. Ich habe Angst vor körperlichen Schmerzen. Ich habe Angst davor, daß ich mich nachher selber nicht wiedererkenne. Ich habe Angst davor, daß mich nachher Menschen meines Umfelds nicht mehr wiedererkennen. Ich habe Angst davor, daß die Persönlichkeit verschwindet. Ich habe Angst davor, zu einem bloßen Tier zu werden. Ich habe Angst vor dem Leben.

Ist denn das Leben noch lebenswert, wenn man nicht mehr aufgrund von Erfahrungen, sondern nur noch als Folge momentaner Impulse und der Reaktion darauf lebt? Wenn jeder Augenblick für sich steht, ohne Bezug zum vorhergehenden Augenblick, ist das erstrebenswert?

Aber genau das ist doch Leben. Leben ist unvorhersehbar. Was vorhersehbar ist, ist tot. So tot wie ein Computerprogramm. Es gehen Daten rein, es gibt eine vorgesehene Verarbeitung und es kommt ein vorhersehbares Ergebnis raus. Das ist TOT! Leben ist, wenn ich weder die Verarbeitung noch das Ergebnis vorhersehen kann.

Es gibt etwas in mir, das will leben. Das will frei sein.

Ich weiß nicht, wer gewinnen wird. Die Angst ist groß. Vielleicht finde ich noch eine Lektüre, die mir weiterhilft. Wie haben andere Menschen diese Veränderungen erlebt, und wie ging es ihnen nachher? Also wird das Sterben erst nochmal verschoben, denn es könnte ja noch irgendeinen weiteren Strohhalm geben, an den sich das Ich weiter klammern kann.

Sonntag, 20. Dezember 2009

Was nun?

Seit gestern abend liegt mein Arbeitsplatzproblem obenauf – und quält mich sehr, ich habe wieder eine depressive Stimmung.

Mein bedrückendstes Gefängnis ist das, das ich 5 Tage in der Woche aufsuchen muß, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen – so habe ich das früher gesehen, aber unterdessen weiß ich, daß das die falsche Sichtweise ist. Das Gefängnis ist nie etwas außerhalb von mir, es ist immer in mir drin. Dieses Gefängnis hat dicke Stahlbetonwände, es engt mich ein und nimmt mir die Luft zum Atmen. Da hilft nur ein Preßlufthammer – aber vielleicht ist das ja auch die falsche Sichtweise, zu hart, zu brutal.

Ich hoffe, die Erschütterung des Egos – nach dem Tod der Ich-Illusion, auch wenn das Ich selber noch nicht gestorben ist - war jetzt so stark, daß auch in dieses unbewegliche Gebilde endlich mal Bewegung kommt.

Ich habe in dem Sterbeprozeß in dieser Woche alles eingesetzt, was ich derzeit einsetzen kann. Ich habe alles geopfert. Mehr geht nicht.

Vor allem habe ich akzeptiert, daß ich ganz allein bin und dieses Problem ganz alleine lösen muß. Es gibt keine Hilfe von außen, niemand kann mir helfen. Und, was noch wichtiger ist: ich habe in einem tieferen Sinn als bisher begriffen, daß die Lösung nicht vom Gehirn kommen kann.

Dazu habe ich mal wieder zeitgerecht die passende Lektüre gefunden, diesmal bei U.G. Krishnamurti (http://www.ugkrishnamurti.net/). Das menschliche Gehirn hat auf einer tiefen Ebene Zugang zu dem gesamten Wissen der Menschheit und zu allen Erfahrungen, die Menschen jemals gemacht haben. Das ist sehr viel, aber das reicht nicht zur Problemlösung, denn es ist alles tote Vergangenheit. Aus toter Vergangenheit kann niemals eine wirklich neue, lebendige, kreative Lösung kommen. Ein Computer kann nicht kreativ sein, er kann nur vorhandene Daten anders zusammensetzen, das ist aber nur ein Aufguß des Bekannten.

Kreativität kommt nur vom Leben selbst, von der universellen Lebenskraft. Das Leben findet immer eine Lösung, dazu braucht man sich ja nur mal im Tier- und Pflanzenreich umzusehen, unter welch unterschiedlichsten Bedingungen und in welcher Vielfalt sich Leben entwickelt. Und das völlig ohne Denken! Das Leben ist ja überhaupt nur deswegen voller Fülle, weil es nicht ausgedacht ist. Das Denken tötet das Leben. Denken ist unfruchtbar.

Ich klammere (immer noch) so schrecklich an dieser vermeintlichen Sicherheit (die in Wahrheit nicht unsicherer sein könnte in der heutigen Zeit): sicherer Arbeitsplatz, sicheres Einkommen, geregelter Tagesablauf ohne Überraschungen, Wiederholung des Immergleichen. Das muß ich alles loslassen, aber wie?

Das Leben hat mich nicht umsonst geschaffen. Es hat irgendeinen Sinn, daß es diesen Organismus gibt. Irgendeinen Platz muß es doch geben, an dem dieser Organismus eine sinnvolle Aufgabe erledigen kann. Eine Aufgabe, die dem Ganzen nützt. U.G. Krishnamurti benutzt das Bild einer Blüte, die einzigartig und einmalig ist. Und diese Blüte will einfach blühen, egal wie widrig die Lebensbedingungen sind. Sie fragt auch nicht nach anderen Blüten. Den vorgefundenen Lebensbedingungen muß sich die Blüte natürlich flexibel anpassen, sonst stirbt sie.

Die Lösung kann nicht in Konzepten und gedanklichen Vorstellungen liegen, die Lösung liegt außerhalb dessen, was das Gehirn erreichen kann. Und sie liegt auch nicht in der Zukunft, sondern immer im Augenblick. Ich muß am Arbeitsplatz in jedem Augenblick alle Vorstellungen davon, wie etwas zu sein oder abzulaufen hat, loslassen. Und dann schauen, ob es einen Impuls aus dem Inneren gibt, einen Impuls vom Leben.

Nach dem Tod der Illusionen und falschen Vorstellungen müßte das Leben eigentlich eine Chance haben. Vielleicht muß ich bezüglich des Arbeitsplatzproblems noch mehr opfern, aber ich weiß im Moment nicht was, und so lasse ich es. Vielleicht muß ich meinen Job kündigen, ohne zu wissen, wie es danach weitergeht. Das wäre für mein Ego sehr schrecklich, denn es würde Existenzangst auslösen. Angesichts des Todes sollte es aber möglich sein, mich dieser Angst zu stellen. Wenn es denn die richtige Lösung ist. Und das weiß ich eben nicht.

Ich kann nichts tun. Ich habe schon alles ausprobiert, was mir eingefallen ist (also alles, was das Denken zu der Problemlösung glaubte beitragen zu können). Ich habe nun auch eingesehen, daß ich sowieso fast gar nichts aus eigenem (Ego/Ich-) Entschluß tun kann. Ich kann nur sehen, wie es ist, und dann kapitulieren. Aber ich weiß nicht einmal, wie die Kapitulation aussieht.

Ich weiß nicht, wie es weitergeht. Ich habe keine Ahnung. Ich fühle mich sehr klein.

Ich muß das Handtuch werfen, aber ich weiß nicht einmal, wie das geht. Krankmeldung (schonmal ausprobiert, bringt nichts), Kündigung (lange Kündigungsfrist, bringt kurzfristig auch nichts), einfach still am Schreibtisch sitzen und Löcher in die Luft starren (tue ich sowieso seit Monaten immer wieder, das bewegt auch nichts), mich zur Arbeit zwingen (bringt nichts außer Verspannungen und Quälerei), mit meinem Chef reden (habe ich schon gemacht, das brachte mir die Hilfeleistung eines Kollegen ein – etwas, das ich nicht vorausgesehen hatte, das war eine echte Problemlösung, aber eine zeitlich sehr begrenzte).

Wenn NICHTS mehr geht, dann kann ich mich noch in den Weihnachtsurlaub retten. Das bringt Zeitaufschub, aber auch keine Lösung. Vielleicht rede ich nochmal mit meinem Chef, sage ihm, daß mein Gehirn nicht mehr wie früher denkfähig ist und daß es meinem wahren Wesen anscheinend widerstrebt, diese Gehirnakrobatik weiter zu verrichten, dieses Bilden von toten Konstrukten, um tote Daten von A nach B zu befördern. Und dann sehe ich ja, was passiert.

Samstag, 19. Dezember 2009

unumkehrbarer Prozeß

Heute morgen hatte ich einige Minuten einer großen inneren Klarheit, Entschlossenheit und inneren Frieden.

Das Gehirn gibt aber keine Ruhe und versucht sofort erneut, mich in eingebildete Qualen zu stürzen. Vermutlich werde ich noch viele solcher Sterbezyklen wie letzte Nacht durchlaufen, bis das Ich vielleicht irgendwann ganz den Löffel abgibt.

Bisher gab es keine mystische Selbst-Erfahrung. Die ist aber auch nicht notwendig. Der Zusammenhang ist jetzt klar. "Mein" Gehirn wird sich selbst verzehren müssen im Laufe der Zeit. Das Gehirn ist zu einer Ausgeburt der Hölle geworden. Es hat irgendwann in der Evolution des Menschen versucht, sich zum Herren über das Leben zu machen. Und seitdem entwickeln wir uns in den eigenen Abgrund hinein.

Es braucht gar kein Gottesbild mehr. Gott ist eine Projektion meines Ich. Beides existiert nicht.

Das Leben möchte sich einfach ausdrücken, durch diesen menschlichen Organismus. Das Gehirn stört da überwiegend nur. Es hat sich zu einem lebensfeindlichen Fremdkörper entwickelt.

Das Leben möchte frei sein. Es findet von alleine sein eigenes Gleichgewicht.

Ob es ein umfassendes Gewahrsein gibt, das sich im Leben spiegelt, finde ich gerade auch gar nicht mehr so entscheidend.

Entscheidend ist, daß das Leben einfach leben möchte. Und ich bin ein Teil dieses wunderbaren Lebens.

-----------------------

Heute nachmittag habe ich den Lebensmittel-Großeinkauf für Weihnachten gemacht. Warum mache ich das noch? Es wäre gelogen, wenn ich jetzt behaupten würde, ich mache es nicht für mich. Doch, ich mache es auch für mich. Ich mag die stille, zurückgezogene Zeit zu zweit mit Tannenbaum, vielen Kerzen, meditativer Musik und viel zu viel Essen.

Während des Einkaufs hat sich das Gehirn wieder gequält – mit dem Gefühl der Vernichtung. Es fühlt sich vernichtet. Und so ist es ja auch. Dann bin ich wieder zur Selbstironie gelangt und machte mich über meinen eigenen Selbstzerstörungsprozeß lustig und über meinen Weg der letzten Monate, der mich bis hierhin gefühlt hat. Das ist ein schmaler Grat, auf dem ich derzeit wandele. Der Schlag der Erkenntnis war tatsächlich vernichtend. Ich glaube nicht, daß der Prozeß noch umkehrbar ist. Und das ist eigentlich nicht lustig. Hier geht es um Leben und Tod auf einer elementaren Ebene.

Was ist denn nun der Sinn, wie geht es weiter? Es kann auch nicht der Sinn sein, daß wir uns alle zu bloßen Säugetieren zurückentwickeln. Was wollen wir Menschen anstellen mit dieser einzigartigen Natur-Anomalie, dem denkendem Gehirn?

Und wie mag mein Weg weitergehen, insbesondere in beruflicher Hinsicht? Jetzt bloß nicht den Fehler machen, mit dem Denken anzufangen. Lieber erstmal die stille Zeit zwischen den Jahren wirklich genießen.

Es gibt ein Leben nach dem "Tod im Leben". Und das ist wunderbar! :-)

...


Freitag, 18. Dezember 2009

zähes Sterben

Ich fühle mich heute abend wie zerschmettert. Total elend.

Die Depression will einfach nicht weichen. Ich habe nachgespürt, ob ich irgendwo noch nicht genug kapituliert habe.

Das einzige, was mir noch eingefallen ist: ich warte immer noch insgeheim (oder auch nicht so geheim) auf irgendwelche Antworten von außen für meine Lebensprobleme. Die Antwort kann nur aus mir selbst kommen und niemals von irgendwo anders her. Das weiß ich doch. Und doch versuche ich immer wieder, Verantwortung abzugeben.

Ich erkläre hiermit: ich will NIE WIEDER von irgendjemand anderem eine Antwort/Lösung für meine ureigenen Lebensprobleme haben. Alle notwendigen Antworten sind in mir selbst bereits vorhanden, und nur ich kann diese finden.

Wenn es um die Lösung meiner Lebensaufgaben geht, bin ich von niemandem abhängig.

Ich hoffe auch nicht mehr auf Wunder, übersinnliche Energien, himmlische Sphären, mystische Versenkung oder sonst irgendwas.

Ich habe noch ein Bild in mir, das ist mir total peinlich. Also, das wird jetzt auch noch aufgeschrieben, damit ich es loswerden möge. Es stammt aus meinem Kinderglauben und hat gerade nochmal einen praktischen Hintergrund (als Projektion).

Es ist dieses Bild, das in der Bibel im Gleichnis vom verlorenen Sohn geschildert wird. Dieses Gleichnis meint vielleicht auch das richtige, aber das Bild setzt sich anders fest: der verlorene Sohn, der das Erbe und sich selber durchgebracht hat und zuletzt mit den Schweinen gefressen hat, wird bei seiner Rückkehr nach Hause vom Vater willkommen geheißen, und ihm zu Ehren wird ein Fest gefeiert.

Dieses Bild soll wohl sagen: egal, was auch passiert, Du bist vom himmlischen Vater angenommen.

Und dieses Bild führt in die Irre. Da ist kein himmlischer Vater, der mich annimmt. Und auch kein Stellvertreter auf Erden. Die katholische Kirche führt diesbezüglich ganz besonders in die Irre, und die eigenen Eltern spielen sicher auch mit hinein. Weg mit Dir, Du Nachtgespenst! Für immer!

NIE WIEDER will ich von der Gnade irgendeines anderen Menschen abhängig sein.

NEIN! Annehmen kann ich mich nur selbst! Und angenommen bin ich immer vom Ganzen, vom Leben, vom allumfassenden Gewahrsein! Was ja ein und dasselbe ist.

Kann das Sterben jetzt bitte bald mal zu seinem Ende kommen? Ich habe keine Zeit mehr zu verlieren! Es gibt genug Aufgaben, die auf mich warten.

Und für dieses lächerliche Arbeitsplatzproblem wird sich auch irgendeine Lösung finden lassen. Ich kann mir einen anderen Job suchen. Ich kann auch zwei Jahre ganz ohne Job überleben. Dieses Existenz-Problem einer nicht-existenten Person ist sowas von unerheblich!

Und jetzt stirb endlich!

Handeln ohne Ich

Endlich habe ich nach gründlichem Suchen einen Text gefunden, der mir in meiner aktuellen Lage weiterhelfen kann:

http://www.neue-religion.de/index.php?title=Das_Individuum_als_Teil_und_Repr%C3%A4sentant_des_Lebenskontinuums&printable=yes

Ich hänge fest in einer statischen Sichtweise der Nichtdualität. Daher kommt der Eindruck, ich sei jetzt ein in einem Körper eingesperrter Beobachter, der nichts tun kann außer passiv zu beobachten – was einfach nur tief deprimierend ist.

Die beiden indischen Weisen, die ich zur Zeit lese (Ramana Maharshi und Nisargadatta Maharaj), scheinen diese statische Sichtweise zu vertreten.

Der oben genannte Text tröstet mich gerade etwas, auch wenn ich ihn noch nicht ganz verstanden habe. Bei einer dynamischen Sichtweise der Nichtdualität kann "ich" als menschlicher Körper einschließlich des Gehirns anscheinend doch noch etwas tun, nämlich indem ich den Ausdruck der Lebenskraft entweder hemme oder unterstütze.

In der Praxis scheint es mir da doch erstmal das einfachste zu sein, wenn ich weiter an der üblichen Ich-Illusion festhalte und dabei aber versuche, die Regungen aus dem Inneren, den Willen der Lebenskraft, die innere Stimme zu hören und ihr zu folgen. Ich weiß jetzt, daß ich eigentlich "nichts" tun kann, und doch kann ich anscheinend das Tun unterstützen. Die Lebenskraft gehört mir nicht, aber ich kann sie nutzen.

Das muß ich erstmal auf mich wirken lassen und überprüfen, ob es auch gedanklich paßt. Vielleicht bringt es mich ja aus der Depression heraus, die heute wieder bei mir ist. Vielleicht ist es auch zu viel verlangt, nach dem Schock der "es gibt mich gar nicht"-Einsicht schon nach wenigen Tagen wieder im seelischen Gleichgewicht zu sein.

Dieser Prozeß ist die Hölle!

Nein, er ist das Fegefeuer, das fühlt sich aber auch nicht besser an.

Jetzt brauche ich ein wenig Zeit, um aus dem Zustand des beleidigten Selbstmitleids wieder herauszukommen. Es gibt anscheinend doch Licht am Ende des Tunnels…

Gehirnzerstörung

"Bedenke Mensch, dass Du Staub bist und wieder zu Staub zurückkehren wirst."

Mit diesen Worten wird in der katholischen Kirche an Aschermittwoch das Aschekreuz ausgeteilt. Während meiner katholischen Phase hatte das eine Wirkung auf mich, aber diese blieb gering und ging vor allem schnell vorbei.

Ich glaube, das liegt daran, daß es nur ein Symbol war, ein einfaches Zeichen – aber keine innere Erfahrung. Das ist jetzt anders. Ich bin einige innere Tode gestorben. Die lassen sich nicht wie ein Aschekreuz leicht wegwischen. Und es ist auch nicht vorbei. Es müssen immer wieder weitere Tode gestorben werden.

Ich stelle aktuell fest, daß ein Gefühl von Stolz sich bei mir nicht mehr halten kann. Wenn es aufsteigt, wird es sofort vernichtet.

Und wenn ich bei anderen Menschen Stolz sehe, dann möchte ich ihnen am liebsten einen Spiegel vorhalten, um sie zu warnen.


"Kehrt um und tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe."

Das würde ich heute so übersetzen: "Dreh Dich um, sieh Deinen Schatten an, sieh, daß er ein Teil von Dir ist. Und dann sieh zurück zu Deinem Ursprung. Wo kommst Du her?"

Daß meine Schatten Teile von mir sind, die integriert werden müssen, weiß ich schon lange. Wenn so ein Schattenanteil auftaucht, nehme ich ihn möglichst ohne langes Zögern an – die bitteren Pillen müssen schnell geschluckt werden, das verringert die Leidensdauer. Damit bin ich aber noch auf der Ebene des individuellen Ichs. Die zweite Frage ist für mich noch sehr neu – und noch nicht vollständig geklärt.

Stimmen denn die Erklärungen, die ich jetzt dazu gelesen habe?

Ich kann nicht leugnen, daß ich existiere, daß ich bin. "Ich bin" ist ein Axiom, das nicht bewiesen werden muß. An meine menschliche Geburt kann ich mich nicht erinnern. Aber angeblich soll sich jeder Mensch daran erinnern können, daß er schon immer existierte, daß er schon immer war – aber nicht als individuelle Existenz, sondern als Ganzes, als Bewußtsein. Aber wenn mir diese Erinnerung fehlt, was dann?

Nach der Theorie, soweit ich diese jetzt verstanden habe, ist die Erinnerung immer präsent. Wenn ich sie nicht wahrnehme, dann liegt das daran, das sie bei mir verhüllt ist - vom Ego. Wenn ich immer mehr Schleier vom Spiegel wische, gibt es irgendwann mal einen klaren Bereich, und in dem kann ich dann mich selbst sehen.


Wenn alle Zweifel ausgeräumt sind, bleibt die Wahrheit übrig. Ich kann mir jetzt ein wenig vorstellen, wie sich der Geist selbst vernichtet. Das muß so ähnlich sein wie jetzt bei mir der Stolz, der sofort vernichtet wird. Wenn alle aufsteigenden Gedanken und Gefühle sofort vernichtet werden, dann bleibt irgendwann nur Leere zurück.


Anderes Thema: es scheint doch darauf hinauszulaufen, daß ich Programmiertätigkeiten nicht mehr in angemessener Zeit ausüben kann. Es ist anscheinend nicht mehr das Ego, das blockiert, es ist mein wahres Wesen. Es geht einfach nicht. Ich mag mich nicht mehr mit Abstraktionen von irgendetwas beschäftigen, das mit mir überhaupt nichts zu tun hat. Es wäre befreiend, wenn ich diese Arbeit nicht mehr tun müßte.

Ich versuche mich zu einer Arbeit zu zwingen, die ich nicht tun möchte. Das klappt nicht.


Ich komme langsam dahinter, was mit "Sei Du selbst" gemeint ist. Das Leben selbst will sich in mir ausdrücken. Das ist eine unpersönliche Kraft, die sich nur insofern "individuell" ausdrückt, als "mein" körperlich-psychischer Organismus halt als Folge seiner genetischen und sonstigen Prägungen funktioniert. Das drückt sich bei "mir" halt leicht abweichend zu anderen Menschen aus.

Ich handele selbstbezogen, aber nicht egobezogen. Nein, es ist noch anders: es gibt selbstbezogene Handlungen, aber ich handele nicht, denn es gibt keinen Handelnden. Dieses Gehirn hier hat Schwierigkeiten, das zu verstehen. Dabei ist es doch eigentlich ganz einfach. ;-) Es gibt überhaupt gar kein Ich, es gibt einfach nur das Leben, das sich selbst lebt. Und "das Leben" ist identisch mit dem einen ICH, das alles umfaßt. Aargh, dieses Gehirn hier wird das nie kapieren – vielleicht ist das ja die Methode es auszuschalten und zu seiner natürlichen Funktion zurückzumutieren?

Noch ein Versuch: das Leben drückt sich in jedem vermeintlichen Individuum unterschiedlich aus, aber alle zusammen ergeben das Ganze. Und jedes für sich ist auch das Ganze. Und das Ganze projiziert sich selbst und lebt in dieser Projektion…

Nein, das ist alles nur dahergebrabbelter Unsinn (ich muß darüber lachen, wenn ich es lese). Ich begreife es nicht. Ich verstehe jetzt den Sinn des Zen-Koans "Wer bin ich?" Wenn ich lange genug darüber nachdenke, dann macht es irgendwann "Puff" und das Gehirn implodiert. Und dann ist das Ich aufgelöst.

Ich habe Kopfschmerzen. Läßt sich der Vorgang der Selbstzerstörung des Gehirns umkehren, so daß es wieder Programmiertätigkeiten ausführen kann? Denn früher hat es doch funktioniert, und sogar sehr gut.

etwas Frieden

Ein bißchen Frieden hatte ich heute Abend. Ich versenke mich gerne in gefühlvolle Musik, dazu hatte ich heute neben anderem Gelegenheit.

Der sehr späte Spaziergang auf leicht schneebedecktem Weg war einfach nur still. Ich suche nicht mehr nach mystischen Erfahrungen. Ich habe jetzt genug darüber gelesen, um zu beschließen, daß das nicht sonderlich wichtig ist, es wäre nur ein Nervenkitzel.

Es gab für mich heute einen interessanten Test. Eine Frau, die ich auf die website www.schamanenschule.de aufmerksam gemacht hatte, hat mir dringend davon abgeraten, mich darauf einzulassen. Es tat gut zu sehen, daß ich die üblichen Schamgefühle anschauen und sehr schnell, noch im Gespräch mit ihr, wieder loslassen konnte. Ich konnte ihre Meinung stehenlassen, ohne mich zu verteidigen. Ich habe auch nicht erwähnt, daß ich selber aus ganz anderem Grund gerade die Schule loslasse. Wenn ich schon (fast) am Ziel bin (denn ich bin ja schon "ich selbst" und muß dort nicht erst hingelangen), warum sollte ich dann noch den Umweg über die Schule gehen? Es ist nicht Angst, die mich abhält, sondern Einsicht. Anscheinend bin ich (zumindest derzeit) auf eine sehr einsame Rolle abonniert.

Noch etwas war interessant. Es war tatsächlich möglich, auf einer Weihnachtsfeier über mein neues, noch nicht gefestigtes Selbst- und Weltbild zu sprechen und dabei auf ein angenehmes Interesse zu stoßen, auf angenehmem Niveau.

Ich muß meine Position noch finden. Ich glaube, ich suche eine Position mit einem Bein im Gefängnis und mit einem Bein in der Freiheit. Ob das geht, weiß ich nicht. Und ob ich darauf überhaupt einen Einfluß habe, weiß ich auch nicht. Die Sache mit der nicht vorhandenen Handlungsfreiheit ist sehr paradox.

Für mich steht und fällt alles damit, welche Position am meisten zur Problemlösung beiträgt. Solange die Probleme weiterbestehen, bleibt die Unruhe. Ob sie sich danach legen würde, müßte ich abwarten.

Ich bin anscheinend nahe daran, daß "meine Seele Ruhe findet" – altmodischer und unpassender Ausdruck, aber für mich aussagekräftig. Mal sehen, wie es weitergeht. Den Schock der Erkenntnis, daß es "mich" als eigenständige Persönlichkeit gar nicht gibt, habe ich noch nicht ganz verdaut. Unterdessen regt sich auch die Skeptikerin wieder. Ich bin nicht sicher, ob ich tatsächlich selber herausfinden kann, ob das der Wahrheit entspricht oder ob es nur eine neue Glaubensaussage ist (davon hatte ich in meinem Leben schon verschiedene). Ich werde vermutlich noch einige weitere Bücher zum Thema lesen und weiter der Frage "Wer bin ich?" nachforschen.

Den "Spiegel-Trick" beherrsche ich auch immer besser. Ich erkenne meinen Körper im Spiegel nicht. Das war aber auch früher in meinem Leben schon häufig so. Ich habe es immer für eine psychische Störung gehalten - und aus Sicht von Psychologen ist es das bestimmt auch.

Aber ich erkenne ein Stück von mir selbst in jedem Menschen. Meine früher starken Kontakthemmungen sind deutlich reduziert. Wenn es beim Tanzen einen Kontakt gibt, dann bemühe ich mich immer, nicht vom Kopf her zu denken, sondern ganz im Herzen zu sein - dann gibt es keine Hemmungen, sondern nur Wärme und Zuneigung. Noch muß ich dafür meist die Augen schließen, um so ganz bei mir selbst und im Kontakt zu dem anderen Menschen zu sein (ohne durch Äußerlichkeiten oder irgendein Rollenmuster abgelenkt zu sein), aber zunehmend gelingt es auch mit offenen Augen.

Donnerstag, 17. Dezember 2009

Ursache der Unruhe

Heute fühle ich mich etwas besser als gestern, etwas entspannter und nur noch leicht depressiv.

Meine innere Unruhe, die zu meinen Konzentrationsstörungen führt, interpretiere ich jetzt so: zum einen wußte und akzeptierte mein Gehirn nicht, daß es keine eigenständige Rolle zu spielen hat, und zum anderen hatte das abgekapselte Bewußtsein in mir vergessen, wo sein Ursprung ist, und hatte deswegen diese brennende Sehnsucht ausgelöst.

Wenn die tatsächlichen Zusammenhänge genug bewußtgeworden sind, müßte die innere Unruhe verschwinden, und "ich" müßte wieder besser arbeitsfähig sein. Meine Programmiertätigkeit fällt mir aber leider immer noch sehr schwer, nur einige Stunden war ich heute arbeitsfähig.

Die innere Unruhe ist weniger geworden, aber sie ist noch nicht verschwunden. Ich habe seit einigen Tagen ständig leichte Kopfschmerzen, zum Glück nicht so stark, daß ich Schmerzmittel nehmen müßte.

Ich bin schon da, wo ich hinwill, ich habe mich selbst gesucht, aber das Selbst ist ja schon da, und es ist nicht vom Ganzen getrennt. Den Zusammenhang habe ich kapiert, aber so ganz befriedigt bin "ich" noch nicht.

Ich bin frei zu tun, was ich will, und doch bin ich unfrei, weil dieser Körper keine eigenständige Identität hat.

Mein Gehirn hat kapituliert, aber vermutlich noch nicht vollständig, da sind noch Reste vom Ich-Wahn.

Ich verstehe jetzt, warum in der Bibel Väter ihre Söhne opfern müssen, um "Gott" schauen zu dürfen. Es muß alles geopfert werden, an dem man hängt, gerade auch das Liebste.

Deshalb habe ich jetzt meinen Wunsch nach einer Schulteilnahme geopfert. Gestern habe ich dem Schulleiter eine entsprechende Email geschrieben.

Sobald ich dafür Zeit finde, werde ich auch noch mehr von meiner Vergangenheit in Form meines angesammelten Gerümpels opfern. Das sollte mir jetzt eigentlich deutlich leichter fallen. Was soll ich die Erinnerungen einer nicht-existenten Person aufheben?

Es gibt keine geheimnisvollen anderen Welten, es gibt nur diese Welt, und selbst die gibt es eigentlich nicht, weil sie nur ein Bild im Bewußtsein des Ganzen ist.

Am vergangenen Wochenende hatte ich eine erlösende Empfindung, aber es war noch aus der Perspektive des kleinen Menschen gegenüber dem allmächtigen Gott. Ich glaube, mir fehlt noch das erlösende "Heimkommen" des Bewußtseinsteils, der sich selbst sucht. Es hat noch nicht ganz "klick" gemacht, aber es ist nahe davor, glaube ich.

Ich "habe" nicht ein Leben, und nichts in dieser Welt gehört "mir", sondern ich "bin" das Leben.

Auf Samadhi (Erleuchtung) bin ich aber nicht mehr so versessen, seit ich gestern abend die Beschreibung von U.G. Krishnamurti über seine körperlichen Veränderungen im Zusammenhang mit der vollständigen Zerstörung seiner Ich-Person gelesen habe. Ich finde einen Zustand nicht erstrebenswert, in dem ich nicht mehr weiß, wie Tomatensuppe schmeckt, und diese jedes Mal neu entdecke. Wenn vollständige Erleuchtung gleich vollständiges Nichtwissen ist, dann hätte ich gerne eine Position irgendwo in der Mitte. Und dann könnte ich ja ab und zu mal mehr in Richtung Gegenwärtigkeit gehen, das Bedürfnis dazu ist da.

Es kann natürlich sein, daß ich in einem nicht umkehrbaren Prozeß bin, der auf Samadhi zusteuert. Aber mein Ehrgeiz, diesen Zustand zu erreichen, ist erloschen.

Mittwoch, 16. Dezember 2009

Depression

Nun kenne ich die Wahrheit. Ich bin froh, daß ich nicht früher mit diesem Wissen in Kontakt gekommen bin. Ich hätte es nicht ertragen. Auch jetzt ertrage ich es nur schwer. Wenn einen sowas unvorbereitet trifft, kann man darüber wahnsinnig werden.

Seit gestern abend geht es mir sehr schlecht. Ich wünschte, ich könnte wieder in seliges Nichtwissen zurücksinken. Man sollte niemandem dieses Wissen aufzwingen, der es nicht haben will. Aber ich wollte es ja haben, und ich habe es mir selber beschafft. Jetzt muß ich sehen, wie ich damit klarkomme.

Ich habe derzeit zwei alternative Bewußtseinszustände (habe ich wirklich eine Alternative?): einmal die Identifikation mit dem normalen Denk-Ich, zum anderen die Identifikation mit dem Beobachter, das ist das abgekapselte Bewußtsein in meinem Körper. Beides ist unbefriedigend und leidvoll. Die Lösung kann für mich jetzt nur noch im vollständigen Erwachen liegen. Aber dafür müßte ich körperlich und geistig vorbereitet sein – was ich nicht bin.

Es hat schon Sinn, daß der Yoga-Weg erst in jahrelangen Übungen Körper und Geist vorbereitet. Der Verstand muß auf die innere Leere vorbereitet sein, sonst dreht er durch. In "Pointers" wird ein Beispiel eines Menschen beschrieben, der nach einem Meditations-Intensiv-Kurs das Universum als Traum wahrnahm, aber sich selbst als davon getrennt. In diesem Zustand war er nicht mehr arbeitsfähig. Das liegt nahe an meinem aktuellen Problem. Ich bin auch nicht mehr normal funktionsfähig, allerdings war ich dies auch vor dem jetzt erhaltenen Wissen nicht.

Was mir zunächst noch wunderbar und schön vorkam, finde ich jetzt doch schrecklich. Es gibt mich gar nicht wirklich, ich bin nur eine Illusion. Das ist eine vollständige Ernüchterung.

Wie kann man weiterleben mit dem Wissen, daß man gar nicht existiert? Offenkundig nur, indem man entweder das Wissen verdrängt oder indem man das Ich vollständig losläßt und in einen anderen Bewußtseinszustand wechselt.

Wer handelt denn nun? Steuert das Bewußtsein den Körper? Wenn ich das richtig verstanden habe, ist das nicht der Fall. Es gibt nichts zu steuern, weil es den Körper ja in Wirklichkeit gar nicht gibt. Und einen freien Willen gibt es auch nicht. Das im Körper abgekapselte Bewußtsein ist nur dafür da, die Körperempfindungen wahrzunehmen, denn ohne Bewußtsein keine Wahrnehmung.

Ich bin heute tieftraurig. Und ich wünschte mir, ich könnte einfach so vor mich hinleben wie die Mehrheit der Menschen, ohne Sehnsucht nach Sinn und Wahrheit. Man darf Kindern den Glauben an den Weihnachtsmann und den Osterhasen nicht zu früh nehmen. Genauso darf man Menschen den Glauben an ihr Ich nicht zu früh nehmen.

Dienstag, 15. Dezember 2009

verschiedene Bewußtseinsebenen

Ich muß mir noch klarer darüber werden, daß es verschiedene Bewußtseinsebenen gibt. Es gibt weiterhin die Alltags-Ebene, in der ich handele, denke, plane, anstrebe – und mir einbilde, daß ich dies auch alles tun kann. In dieser Alltags-Ebene bin ich in der Ich-Illusion gefangen und merke es noch nicht einmal.

Dann gibt es die Bewußtseinsebene des Beobachters. Da ruhe ich in mir, empfinde stillen Frieden und Gelassenheit, der Geist kommt zur Ruhe und ich beobachte, was geschieht. Da bin ich aber immer noch im Gefängnis.

Tja, und dann gibt es anscheinend noch diese völlig unbegreifliche "göttliche" Bewußtseinsebene. Auf dieser Ebene wäre keine Trennung mehr da zwischen mir und dem Ganzen. Dieser Ebene nähere ich mich derzeit nur gedanklich, und das kann immer nur falsch sein. Die gedankliche Auseinandersetzung ist aber notwendig, damit das Gehirn nicht völlig durchdreht. Denn es ist ja trotzdem das menschliche Gehirn, das dieses Wissen in Form von Erfahrungen verarbeiten muß. Auf dieser unbegreiflichen Bewußtseinsebene wäre es anscheinend so: "Ich handle aus göttlichem Entschluß."

Ramesh S. Balsekar beschreibt in "Pointers" so eine Erfahrung. Während er eine Rede von Nisargadatta Maharaj übersetzte, verfiel er ohne es zu merken in diesen anderen Bewußtseinszustand. Maharaj bemerkte es, unterbrach ihn und bat ihn, seine Worte zu wiederholen, was er tat. Die Zuhörer reagierten konsterniert. Im nachhinein fand Balsekar über eine Bandaufnahme heraus, daß er in diesem Moment aus dieser "göttlichen" Position heraus gesprochen hatte, aus dieser "Ich bin alles" – Position.

Wenn man die Wahrheit gedanklich nachvollzogen hat, wie ich es in den letzten Tagen versucht habe, ohne in diese andere Bewußtseinsebene zu gelangen, dann fühlt man sich vernichtet und ohnmächtig, was für das Denk-Ich ja auch tatsächlich zutrifft. Es gilt, den Sprung ins Nichts zu machen, im Vertrauen darauf, vom Ganzen aufgefangen zu werden.

Dazu fällt mir eine Strophe eines Weihnachtslieds an:

"Weihnachten, ist das ein neuer Beginn
Gibt jenes Kind Deinem Leben den Sinn
Stehst Du im Dunkeln und suchst nach dem Licht
Bist Du es selbst und erkennst es nur nicht
Uraltes Fragen, neu vorgetragen,
Antwort entsteht in Lied und Gebet,
Laß im Tagesablauf,
auch ein klein bißchen Zeit
für die Ewigkeit – sei bereit"

Und dazu der Refrain:

"Wache jetzt auf, ihm entgegenzugehen,
mache Dich auf, werde Licht wie ein Stern,
mache Dich frei, vor der Krippe zu stehen,
mach Dich bereit für die Ankunft des Herrn,
öffne Dein Herz und Deine Arme weit,
wache auf, mach Dich auf, sei bereit."

Mich haben Lieder dieser Art schon früher stark berührt, viel mehr als der übliche Kitsch. Der Trugschluß, der vermittelt wird, ist leider: man bildet sich ein, es ginge um das eigene ICH, das im Angesicht Gottes verwandelt und erhöht wird. Man bildet sich ein, es ginge um die eigenen guten Taten, jedenfalls um die eigene wertvolle Persönlichkeit.

Heute singe ich dieses Lied wieder gerne, aber denke dabei, daß es in Wahrheit um folgendes geht: das Herz muß sich öffnen und der Verstand muß zur Ruhe kommen, man braucht dafür am besten Abstand vom alltäglichen Tagesablauf. Man muß sich frei und bereit machen – aber nicht, um die Ankunft eines Kindes zu erwarten, sondern um zu sterben, um sich selbst hinzugeben, um zu verschwinden im Angesicht Gottes. Und um dann mit ihm zu verschmelzen, was man aber nicht von sich aus bewerkstelligen kann. Solange man sich "Gott" als eine "Person" vorstellt, hat man sowieso verloren, dann steckt man noch voll in der Dualität drin (das scheint derzeit mein größtes Hindernis zu sein, so entkomme ich der Bezogenheit nicht).

verschlossene Tür

Ich stehe mal wieder vor einer verschlossenen Tür, die mich nervt. Diesmal ist es nicht die Schultür der Phönix-Schule, sondern ein Blog eines – anscheinend – Schulmitglieds, der nicht öffentlich ist, sondern nur auf Einladung gelesen werden kann. Ich vermute, das ist jemand, der in seinem Prozeß schon weit fortgeschritten ist. Schade, da würde ich sehr gerne mitlesen, vielleicht würde mir das helfen.

Das bringt mein Kontakte-Thema nach längerer Pause mal wieder an die Oberfläche. Suche ich Kontakt? Und wenn ja, aus welchen Motiven suche ich Kontakt? Wenn es nur aus Ich-Sucht entstehende Kontakt-Sucht ist, dann lasse ich es besser gleich.

In der letzten Zeit fand ich es selber sehr passend, daß ich mich alleine fühle. Es galt, die Einsamkeit auszuhalten. Ich habe keine Ahnung, ob überhaupt irgendjemand außer mir (regelmäßig) meinen Blog liest, ich bin hier in den Weiten des Internets verloren. Das stört mich aber nicht sehr, es hat mir im Gegenteil bei der Konzentration auf mich selbst bisher sehr geholfen. Dazu kam, daß ich nun schon seit einigen Wochen keine Emails mehr von den Menschen erhalten habe, mit denen ich in diesem Jahr den meisten Kontakt bezüglich der Weg-Themen hatte. Ich fand auch das sehr passend, es hat mich zusätzlich auf mich selbst zurückgeworfen.

Jetzt gerade bin ich an einem Punkt, an dem ich unter dem Alleinsein wieder leide. Nein, aus dieser Position heraus werde ich keinen Kontakt suchen. Nur, wenn es sich spontan aus einem inneren und freudigen Impuls ergibt.

Denn wenn ich wieder die Perspektive wechsele, dann WEISS ich ja jetzt, daß ICH sowieso gar nichts suchen kann, weil ICH nämlich gar nicht handlungsfähig bin. ICH bilde mir die Handlungsfähigkeit nur ein.

Gehirn-Drama

Es ist sehr hilfreich, daß ich jetzt vom Vorgang der "Erleuchtung" (der gar kein Vorgang ist, weil Erleuchtung der normale Zustand jedes Menschen ist) verschiedene Beschreibungen lesen kann. Diese unterschiedlichen Perspektiven helfen mir jeweils an verschiedenen Punkten meines eigenen Prozesses. Gestern abend hat mich "Reines Sein" wieder auf den Boden der Realität zurückgebracht.

In meinem Kopf spielt sich ein Drama ab, weil mein Gehirn versucht zu verstehen, daß es nicht die Kontrolle hat. Das Gehirn denkt, das habe etwas mit Sterben zu tun und dann produziert es damit zusammenhängende Vorstellungen.

Solange ich mich mit meinem Gehirn identifiziere, leide ich bzw. bin in diese Vorstellungen verwickelt. Heute identifiziere ich mich mit dem Beobachter, das ist schonmal etwas entspannender, da kann ich das Denken und die Gefühle mit etwas Distanz sehen. Aber es ist immer noch nicht die Wahrheit.

Die Wahrheit hat mich am Wochenende ja schon berührt, und das hat diese heftigen Gedanken- und Gefühlsreaktionen hervorgerufen (Tränenausbrüche, starke religiöse Gefühle, und viele christlich geprägte Vorstellungen). Die gehen aber vorbei, und dann geht es einfach weiter im Prozeß. Ich darf an keiner Erfahrung haften bleiben, auch nicht an den schönen. ;-) Der Zielzustand ist ein ruhiger Geist und das Wissen (und zwar nicht mehr nur theoretisch, sondern auch praktisch so erfahren), daß es keinen Handelnden gibt.

Das beste Bild dafür ist vielleicht tatsächlich das des Kindes, das gedankenverloren spielt und erst durch den Ruf der Mutter aufschreckt und sich in diesem Moment mit dem Rufnamen und dem Denk-Ich identifiziert. Während des Spiels ist das Kind einfach das, was es ist. Es lebt einfach, ohne sich Gedanken über das Leben oder sich selbst zu machen.

Ich muß mir einfach immer wieder klarmachen, daß alles, was sich in meinem Kopf abspielt, nicht real ist. Es ist rein fiktiv, so wie ein Traum.

Der Körper ist auch nicht real, d.h. er ist nicht getrennt. Er ist nur ein Wahrnehmungsorgan, mit dem Gott sich selbst erfährt – zumindest habe ich das jetzt so verstanden. Dazu fällt mir ein, was in der Einführungsveranstaltung zur Buddhistischen Meditation etwas scherzhaft über Erleuchtung ausgesagt wurde: Erleuchtung ist, wenn ich weiß, was die Nachbarin im Kochtopf hat.

Ich kapiere jetzt den Zusammenhang. Wenn die Nachbarin Gottes rechte Hand und ich Gottes linke Hand bin, dann sieht Gott logischerweise beide gleichzeitig. Und wenn ich Gott bin (in diesem anderen unvorstellbaren Bewußtseinszustand), dann sehe ich beides gleichzeitig.

Aber jetzt höre ich auf dazu zu schreiben, denn das ist ja wieder nur Hirngespinst. Alles, was das Gehirn sich zurechtspinnt, kann nur falsch sein und ist nur insofern notwendig, als das Gehirn seine eigene Kapitulation akzeptieren muß.

Da kommt doch noch ein Gedanke: zum Gehirn gehört die Persönlichkeit. Die Persönlichkeit ist das, was den klaren Spiegel verzerrt, der eigentlich mit dem Menschen gemeint ist. Und zum Gehirn gehören die Erinnerungen an die vermeintlich getrennte Existenz. Jetzt ahne ich, was mit dem Wissen der Ahnen gemeint ist, das für Menschen, die dazu begabt sind, erreichbar ist. Der Preis für diese Begabung ist natürlich, das eigene Ich zu opfern. Und damit sollte dann genug Demut verbunden sein, um mit dieser Begabung kein Schindluder zu treiben. Gott weiß alles. Wer in einem Bewußseinzustand ist, in dem er mit Gott identisch ist, kann auf die Erinnerungen in allen Gehirnen zugreifen. Hmhm, auch auf die Erinnerungen der Toten?

Menschen sind keine Individuen. Somit sind auch die Toten keine Individuen. Es gibt keine toten Verwandten, die im Himmel auf mich warten. Wenn ich so etwas schreibe, dann denke ich, daß das Menschen verletzen könnte, die dies lesen und nicht verstehen. Vielleicht sollte ich nicht mehr alles öffentlich aufschreiben, was mir so durch den Kopf geht.

Ich habe gelesen, daß der Mitteilungsdrang von alleine versiegt, wenn das Selbst und das Ich nicht mehr im inneren Dialog verstrickt sind. Der Geist sollte von alleine ruhiger werden, wenn das Ich schwächer wird. ICH habe gestern kapituliert, ich habe akzeptiert, daß ich nichts tun kann. Also brauche ich auch nicht mehr so viel denken, planen, vorstellen, anstreben. Und dann hat das Selbst eine Chance, einfach zu SEIN. Ich bin in Wahrheit nicht Objekt meiner selbst, sondern ich bin in Wahrheit Subjekt (aber das muß ich erst noch begreifen).

Montag, 14. Dezember 2009

Phänomene

Nur noch ein kurzer Eintrag. Heute abend ging ich mit Unwillen in den Wald, ich hatte wenig Lust, aber es erschien mir richtig. Wegen eines Warnhinweises auf eine stattfindende Jagd wählte ich einen neuen Weg, den ich noch nie gegangen war. Es passierte nichts weiter.

Ich habe in "Reines Sein" nochmal ein wenig zum Thema "Erleuchtung" nachgelesen. Daraufhin ist mir klargeworden: was ich hier in den letzten Tagen aufgeschrieben habe, ist ein Teil meines relativen Prozesses. Es ist nicht von Bedeutung. Es handelt sich dabei um eine Art Abarbeiten meiner persönlichen Vorstellungen und Erwartungen, die ich loslassen muß. Ich erlebe oder erfahre oder glaube zu wissen, was sich mein Gehirn während meiner Lebenszeit zurechtphantasiert hat, das kocht jetzt nochmal alles hoch.

Z.B. die Vorstellung, im eigenen Körper eingesperrt zu sein - das ist ein uraltes wiederkehrendes Motiv bei mir, ebenso wie die Sache mit dem Kreuzweg.

Entscheidend ist, daß diese Vorstellungen nochmal hochkommen, durchlebt und dann losgelassen werden. Die dabei auftretenden starken Gefühlsschwankungen zwischen tiefer Verzweiflung und Euphorie müssen ebenfalls durchlebt und dann losgelassen werden.

Mir gehts gut. Ich habe viel Vertrauen in meinen Prozeß.

Erbsünde und Erlösung

"Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden."

"Der Herr hats gegeben, der Herr hats genommen, der Name des Herrn sei gelobt."

"Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen."

"Ich und der Vater sind eins."

Auf einmal ergeben manche (christliche) Glaubensaussagen einen ganz neuen Sinn.

Die "Erbsünde" ist die Erkenntnis von Gut und Böse, d.h. das eigenständige Urteilen und Bewerten, das Besser-Wissen-Wollen, das Allein-Entscheiden-Wollen, die Nicht-Hingabe, die Auflehnung, der Widerstand. Die Schein-Eigenständigkeit, also die Ich-Illusion, ist die Erbsünde! Sie wird den Kindern in der Erziehung von den Eltern anerzogen, Kinder kommen meines Erachtens unschuldig auf die Welt.

"Gemeinsam ist in allen christlichen Traditionen die Lehre der Trennung des Menschen von Gott, bedingt durch die Erbsünde. Mit Hilfe von Jesus Christus kann die Gemeinschaft mit Gott wiederhergestellt werden, da der Mensch allein nicht die Kraft dafür besitzt. Unterschiede bestehen innerhalb der christlichen Konfessionen hinsichtlich der Art des Weges, welcher zur Erlösung gegangen werden muss."

http://de.wikipedia.org/wiki/Erbs%C3%BCnde

Die Trennung des Menschen von Gott liegt in der Ich-Illusion begründet, so sehe ich das jetzt. Der Mensch kann die Trennung nicht eigenständig überwinden, er bedarf der Gnade. Für den Moment, in dem Wahrheit aufleuchtet (nach fernöstlicher Tradition die sogenannte "Erleuchtung" genannt), kann der Mensch sich vorbereiten, aber er kann ihn nicht erzwingen, und niemand kann ihm dabei helfen (in diesem Sinne habe ich das auch bei Reschke gelesen).

Tja, was ist nun mit Jesus von Nazareth? Er war sicherlich ein großartiger Schamane. Aber muß nicht letztlich trotzdem jeder Mensch durchs Fegefeuer (denn kein ICH kommt in den Himmel)? Reschke schreibt, daß jeder Schamane seinen Weg stellvertretend für alle Menschen geht. Puh, wenn ich das konsequent zu Ende denke, dann lande ich sofort wegen Gotteslästerung auf dem Scheiterhaufen. Also, konsequent zu Ende gedacht - vorausgesetzt, Reschke hat recht – bedeutet das, daß jeder Schamane, der sich "kreuzigen" läßt (indem er seine Ich-Illusion bereits zu Lebzeiten aufgibt), zur Erlösung der gesamten Schöpfung beiträgt.

Das Motiv der Kreuzigung verfolgt mich seit sehr vielen Jahren. Da muß was Wahres dran sein, das hat einen Bezug zu mir.

Es ist aber nichts Besonderes, wenn ich den Weg gehe. Denn es ist meine Berufung. Es ist einfach meine Rolle, der ich mich jetzt nicht mehr widersetze. Ich möchte den Weg gerne zu Ende gehen. Und Gott sei Dank gibt es in der heutigen Zeit jedenfalls in unserem Land keine physische Todesstrafe mehr. Nur psychische Qualen, die gibt es – und auch die nur innerhalb der Illusion. Das wahre Selbst ist von allem Leiden völlig unberührt.

Die Auferstehung des Fleisches ist natürlich Quatsch. Das Fleisch zerfällt. Genauso wie das Ich. Die Illusion löst sich in Luft auf.

Meine Reise im Sommer habe ich noch aus egoistischen Motiven unternommen. Unterdessen habe ich vollständig akzeptiert, daß nicht nur das Ego, sondern auch das Ich sterben muß – weil es in der Wirklichkeit gar nicht existiert. Es ist noch nicht zu Ende. Es bleibt noch was zu tun. Was, weiß ich nicht. Ich lasse mich überraschen, was auf dem Spielplan steht. ;-)

Das ist alles soo grotesk. Zwischendrin wird ein bißchen gestorben, aber meine Alltagsrolle läuft fast normal weiter.

--------------

Etwas stört mich noch: ich empfand es vor vielen Jahren als Befreiung von kirchlicher Doktrin, daß ich auf mich selber hören darf und nicht von oben verkündeten Regeln gehorchen muß. Jetzt muß ich wieder gehorchen, zwar auf einer anderen Ebene, aber wieder ist es mir völlig aus der Hand genommen. Dieser Gedanke ist kein Widerstand, glaube ich, sondern ich habe irgendwas noch nicht vollständig verstanden. Vielleicht liegt es an der immer noch wahrgenommenen Trennung vom Selbst. Ich war bisher noch nicht an dem Punkt, an dem ich eine Identität mit dem Selbst wahrnehme (und das Denk-Ich ganz verschwindet).

Als ich diesen Beitrag verfaßte, fühlte ich mich teilweise sehr unwohl in meiner Haut, es ist mir schwergefallen. Nun ist er fertig, und er ist ok, soweit ich bisher sehen kann.

kleiner Lichtblick am Arbeitsplatz

Heute nachmittag habe ich einem Kollegen erklärt, wie weit ich mit dem Programm bin, an dem ich bisher wenig fruchtbar herumgebastelt habe. Das hat mir geholfen, ich konnte mich konzentrieren und tatsächlich strukturiert den Programmablauf darstellen. Die Verbesserungsvorschläge des Kollegen werde ich einarbeiten.

Ich habe ihm zu Beginn offen mitgeteilt, daß ich seit längerer Zeit starke Konzentrationsschwierigkeiten habe, weil ich in einer Sinnkrise bin und immer nur über den Sinn des Lebens nachdenke. Das hat er kommentarlos zur Kenntnis genommen und dann konzentriert und sachlich mit mir den ersten Programmteil durchgesprochen, er ist wirklich sehr nett! :-)

Was mir jetzt angesichts meiner neuesten Erkenntnisse überhaupt nicht mehr klar ist: wer hat denn jetzt für meine partielle Arbeitsunfähigkeit die Verantwortung???

Darf ich meine heutige Erfahrung jetzt wie folgt interpretieren? "Gott in mir" und "Gott in ihm" hat sich so darüber gefreut, daß "ich" (mein kleines Menschen-Denk-Ich, das im Wachkoma gefangen ist) mich endlich zur Wahrheit bekenne, daß er unser beider Rolle so umgeschrieben hat, daß ich jetzt keine Probleme habe. ;-)

Und wenn ich mich gewehrt hätte und hätte irgendwas lügen wollen (was ich gar nicht gekonnt hätte, denn auch sprechen ist mir nicht gegeben), dann hätte "Gott" die Rollen anders geschrieben, so daß ich jetzt Probleme hätte? Aah, das Leben ist voller Überraschungen, vor allem, wenn man keinerlei Kontrolle darüber hat, was als nächstes passiert! ;-)

Vermutlich ist es ein Fehler, daß ich so stark personalisiere, dazu verführen die Begriffe, die ich verwende. Die starke Bezogenheit rührt aus der Dualität, davon muß ich mich nach und nach auch noch befreien. Aber eigentlich gibt es "mich" ja gar nicht, und eine Befreiung ist deshalb gar nicht notwendig.

Vollständige KAPITULATION!

In der Mittagspause kam mir die Einsicht: wir haben tatsächlich KEINERLEI Handlungsfreiheit, wir können nicht mal aus eigenem Entschluß mit der Wimper zucken. Was forschen da die Neurobiologen und andere Natur- und Geisteswissenschaftler am Gehirn herum, um herauszufinden, wie es den Körper steuert? Es steuert gar nichts. Das einzige, was wir aus eigenem Wollen können, ist Denken (und selbst das trifft es nicht ganz, der Punkt ist ja die Identifikation mit dem Denken). Aber kein einziger Gedanke kann auch nur ein einziges Molekül in Bewegung setzen. Wir sind im Wachkoma und können nur beobachten, was geschieht. "Eingesperrt im eigenen Körper" sagt man über Wachkoma-Patienten – welch ein großartiger Witz, daß wir das in Wirklichkeit alle sind!

Gott in uns, das abgekapselte Bewußtsein in uns ist es, was den Körper steuert. Und dieses Bewußtsein ist auch der Drehbuchautor. Was mir bisher nicht klar war: das Drehbuch wird nicht vor der "Geburt" geschrieben und für die gesamte Lebensspanne festgelegt, sondern es entsteht in jedem Augenblick, da ist "Gott" ganz flexibel, den Umständen und seiner Phantasie entsprechend.

So erklären sich auch Interaktionen zwischen zwei Menschen. "Gott" in dem einen Menschen schreibt ein Drehbuch und setzt den Körper in Gang, und (derselbe) "Gott" in dem anderen Menschen schreibt für diesen ein Drehbuch und setzt diesen Körper in Gang. So entstehen scheinbar zufällige Handlungen, dabei sind sie von ein und demselben Subjekt so vorgeplant worden, im selben Augenblick.

Also, das ist nun meine VOLLSTÄNDIGE KAPITULATION!

Ich erkenne, daß ich NICHTS tun kann. Und ich erkenne, daß ich NICHTS bin. Ich bin nur ein Trugbild, eine Gedankenblase.

ICH BIN EINE ILLUSION!


Hmhm, aber was ist dann mit den Kriegen in der Welt? Sind die etwa von Gott gewollt? Vielleicht ist es ja so, daß "Gott" manchmal dem "Satan" (also den vielen Ich-Illusionen) scheinbar das Ruder überläßt (indem er dessen Gedanken ausführt), um damit die Illusion zu verstärken? Und dann amüsiert er sich köstlich darüber, daß wir alle darauf hereingefallen sind.

Denken geschieht, und Handeln geschieht, und beides hat nichts miteinander zu tun. Wenn wir die "Gott-in-uns"-Perspektive einnehmen, dann können wir beides beobachten, ohne selber davon betroffen oder berührt zu werden.

Der Mensch denkt, Gott lenkt!

Leben und Tod

Der Sinn des Lebens ist das Leben, so unverfälscht wie möglich. Das Ziel des Lebens ist aber der Tod. Und im Tod stirbt jede Individualität. Im Tod gehen wir ein in die große Einheit, in das Gewahrsein, das sich seiner selbst nicht gewahr ist. Wir Menschen sind die Spiegelungen des Gewahrseins und gleichzeitig der Spiegel. Damit die Spiegelung wahrgenommen werden kann, braucht sie eine Ausdehnung in Raum und Zeit. Bei Nisargadatta Maharaj kann man das viel besser und umfassender nachlesen.

Wir können jederzeit ganz bei uns selbst sein, dann verschwinden Raum und Zeit. Dann kommen wir heim, dann sind wir wahrhaft zu Hause.

Ich renne heute mit total verquollenen und entzündeten Augen durch die Gegend und kann auch am Arbeitsplatz die Tränen nur mit Mühe zurückhalten. Die Wahrheit ist so schön und so ergreifend. Gleichzeitig empfinde ich auch noch sehr viel Wehmut darüber, daß ICH spätestens mit dem Tod des Körpers sterben werde. Da gibt es nichts Individuelles, das überlebt. Das entspricht nicht meinem früheren Glauben und schon garnicht meinen Wünschen, Hoffnungen und Erwartungen. Es ist schwer, die Wahrheit anzunehmen, sie zuzulassen. Die Wahrheit ist schwer zu ertragen.

Aber nun, da ich sie an mich herangelassen habe, finde ich sie schön. Und sie gibt mir Sinn. Ich weiß jetzt, wofür ich da bin, was der Sinn meines Lebens ist. Das Wesentliche habe ich erfaßt. Im Detail und in der Erfahrung kann ich der Wahrheit noch näher kommen. Wobei das eine paradoxe Formulierung ist. Denn je näher ich der Wahrheit komme, desto weniger bleibt von mir übrig. Am Ende gar nichts mehr. Dann ist mein übliches Alltags-Ich nichts mehr, und mein wahres Ich/Selbst ist alles.

Der Mensch wird im Angesicht Gottes nicht erhöht, er wird vernichtet! Aber eigentlich wird da gar nichts vernichtet, weil es ihn ja niemals gegeben hat! Man darf nicht anfangen, allzu viel darüber nachzudenken, dann wird man wahnsinnig. Man kann die Wahrheit nur erspüren, und dann WEISS man, daß sie wahr ist. Meine eigene Erkenntnis ist natürlich stark durchmischt mit dem, was ich in letzter Zeit gelesen habe, sie muß sich noch weiter festigen, und in Details irre ich vielleicht. Aber der Kern, der hat mich ergriffen, und der läßt mich ganz gewiß nicht mehr los.

Ich glaube, ich möchte heute abend meinen Tod betrauern, mir ist so danach.

Wie kann man weiterleben, nachdem man gestorben ist?

Der Tod der Ich-Illusion

Ich kann noch nicht schlafen gehen. Heute ist für mich wie Weihnachten. Diesem Fest konnte ich ja lange nicht mehr viel abgewinnen, aber dieses Jahr wird es neu. Zu feiern ist aber nicht eine Geburt, sondern ein Tod. Der Tod der Ich-Illusion.

Die Wahrheit ist so einfach, das spricht sowieso schonmal für sie. Und sie ist schön. Allerdings erst auf den zweiten Blick. Zuerst wirkt sie erschreckend und abstoßend. Aber sie ist schön, und sie ist befreiend. Ich muß mir nicht mehr mein kleines Menschengehirn über die vielen Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten in der Welt zermartern. Es ist alles nur ein Traum, auf den ich nicht den geringsten Einfluß habe.

Ich darf wie ein Zeuge auf der Zuschauertribüne sitzen und dieses wunderbare Spektakel namens Leben aus allernächster Nähe betrachten. Wir sitzen alle in der ersten Reihe. Die ganzen Absurditäten dienen einfach unser aller Unterhaltung. Der Sinn liegt nicht in der Erscheinung, sondern er liegt dahinter. Die Dinge sind nicht das, was sie scheinen.

Die ganze Schöpfung ist Ausdruck Gottes, und wir sind alle Kinder Gottes, mit dem "göttlichen Funken" in uns. Unsere Aufgabe ist einfach, das zu sein, was wir in unserer Rolle sind, in jedem Augenblick unseres Lebens. Das ist alles. Mehr brauchen wir nicht zu tun. Aber auch nicht weniger. Und das ist keine leichte Aufgabe, da wir ständiger Versuchung ausgesetzt sind. Statt darum zu wetteifern, wer den größten Größenwahn entwickelt, sollten wir lieber um Authentizität, Spontaneität und Wahrheitsliebe wetteifern.

Den ganzen Abend höre ich Taizé-Lieder. Das war mir viele Jahre lang nicht mehr möglich, weil ich die Institution Kirche zutiefst ablehne ebenso wie die von ihr gelehrten Glaubensinhalte. Jetzt kann ich von den Texten etwas abstrahieren und mich einfach an der wunderschönen meditativen Melodieführung erfreuen.

Die Tränen laufen heute nacht fast ununterbrochen. Ich bin so sehr ergriffen. Auch viel Reue über die versäumten Jahre ist dabei. Und tiefes Glück, daß ich der Wahrheit jetzt nähergekommen bin. Ich bin immer noch ganz am Anfang des Verständnisses. Das kommt davon, wenn man so viele Jahre lang in die falsche Richtung schaut.

Jetzt ist das Brett vor dem Kopf weg, und mein Blick ist deutlich klarer.

Ich muß jetzt lernen, meine Rolle anzunehmen. Es gilt, das Gespür für die innere wahre Stimme zu schulen, und dieser immer und überall zu folgen. Wenn mir das gelingt, ist mein Leben sinnerfüllt und ein Lob Gottes. Das ist doch wunderbar. Ich muß nicht nach außen schauen, nur nach innen.

Mir ist immer noch nicht klar, ob es noch einen kleinen Handlungsspielraum gibt. Vielleicht gibt es tatsächlich überhaupt keinen. Dann wären z.B. Beziehungen zwischen Menschen so zu sehen, als würden meine linke und meine rechte Hand sich jeweils für unabhängige Individuen halten. Wenn ich beide Hände zusammenführe, würde diese Schein-Persönlichkeiten sich für eng verbunden halten, und wenn ich sie auseinandernehme, hätten sie eine schwere Beziehungskrise. Und bei alledem würden sich die beiden Hände noch einbilden, daß es ihre freie Entscheidung sei, wie es gerade um die Beziehung zueinander stehe.

Es steckt auch viel Selbstironie in dem Anerkenntnis der Schauspielrolle. Es ist gut, das Leben nicht bierernst zu nehmen. Wir kehren zurück zu Gott, was sorgen wir uns über unsere zeit- und raumgebundene fiktive Rolle.

Ich habe mir oft vorgestellt, daß das ganze Universum vielleicht nur ein Globus ist, der auf dem Wohnzimmertisch eines Bewohners eines anderen Universums steht. Nun stelle ich fest, daß es ähnlich fiktiv ist. Es ist wunderbar, aber es ist nur ein Traum, es ist nicht real, es ist Phantasie. Was erforschen unsere Wissenschaftler da die fernen Galaxien? Sie sollten erstmal sich selbst erforschen. Es gibt uns als Menschen gar nicht wirklich. Es gibt uns nur als "göttliches Bewußtsein". Ob Gott über sich selber lachen kann? Ich glaube ja, denn es ist auch urkomisch.

Sonntag, 13. Dezember 2009

Annäherungsversuch an die Wahrheit

Der Schöpfer sieht seine Schöpfung nur durch die Geschöpfe, denn nur für sich allein hat er keine Wahrnehmung seiner selbst. Der Schöpfer hat die Schöpfung gerade dafür geschaffen, um sich selbst darin zu spiegeln, um sich selbst wahrnehmen zu können.

Der Mensch ist so etwas wie ein Wahrnehmungsorgan Gottes. Der Sinn des Lebens jedes Geschöpfes ist die möglichst naturgetreue Wiederspiegelung der Schöpfung.

Das bedeutet: alle Verzerrungen der Wirklichkeit müssen unterbleiben.

Das bedeutet: die ICH-Persönlichkeit des Menschen muß sterben, denn diese führt zu Verzerrungen der Wirklichkeit. Wenn ein Mensch glaubt, die Wirklichkeit durch seine eigene beschränkte Perspektive sehen zu müssen, dann wirft dies einen Schleier auf den Spiegel.

Die Wahrheit kann von einem Menschen mit dessen normalen Sinnesorganen nicht wahrgenommen werden und von seinem Verstand nicht verstanden werden. Die Wahrheit ist jenseits von Zeit und Raum, die Wahrheit kann nur im JETZT (keine Zeitausdehnung) und im HIER (keine Raumausdehnung) intuitiv erfaßt werden.

Der Mensch ist außerdem kein eigenständiges und unabhängiges Wesen. Der Körper (einschließlich der Psyche) eines Menschen ist nur ein materielles Organ. Wahrnehmungsfähigkeit und Empfindungsfähigkeit erlangt der Mensch nur durch Bewußtsein (ohne Bewußtsein gibt es keine Wahrnehmung, entsprechend dem Schlaf). Dieses Bewußtsein ist so etwas wie ein Teil des göttlichen Bewußtseins. Dieses Teil-Bewußtsein identifiziert sich fälschlicherweise mit dem Körper, in dem es eingekapselt ist, solange der Körper lebt. Diese Identifikation ist Entfernung vom Ursprung, ist Leugnung der Wahrheit. Jeder Glauben und jeder Versuch dieses abgekapselten Bewußtseins, eigenständig und unabhängig handeln zu können, ist sozusagen Gotteslästerung.

Das normale Alltags-Ich, das Denk-Ich des Verstands ist so etwas wie der Satan in uns, der uns von Gott wegführt. Bei Gott ist nur, wer ganz am Ursprung ist. Ganz am Ursprung verschwinden Raum und Zeit, die Welt und die Persönlichkeit. Ganz am Ursprung bin ich Gott, ist jeder Mensch Gott, aber jeder Mensch hat sich dann bereits aufgelöst, ist verschwunden.

Wir Menschen existieren nur in Gottes Traum, in Gottes Projektion, nicht in der Wirklichkeit. In Wirklichkeit gibt es nur Gott und nichts sonst.

Die Lebensaufgabe des Menschen in Raum und Zeit ist Gottes-Dienst im eigentlichen Sinne, und das bedeutet, die uns zugedachte Rolle im Traum, im Schauspiel, in der Projektion genau so auszuführen, wie sie uns auf den Leib geschrieben ist, ohne uns dagegen zu erheben, ohne Widerstand zu leisten, mit vollständiger Hingabe. Der freie Willen des Menschen besteht nur darin, JA oder NEIN zu sagen. Das ist alles!

Wir können gar nichts anderes tun. Da wir nicht wirklich sind, sondern nur Rollenspieler eines Traums, können wir gar nichts anderes tun als unsere Rolle auszufüllen. Es ist uns physikalisch unmöglich, davon abzuweichen, wir können uns das allerdings einbilden. In dem Moment, in dem wir uns einbilden, irgendetwas anderes wollen oder gar tun zu können, verleugnen wir die Wahrheit.

Der Zustand der ICH-Persönlichkeit, die sich von Gott getrennt glaubt, ist die Hölle. Es ist die Hölle des Verstandes. Der Weg aus der Hölle zurück in den Himmel führt durch das Fegefeuer. Der mystische WEG aus dem Gefängnis in die Freiheit ist das Fegefeuer. Jedes ICH muß dieses Fegefeuer durchschreiten, bis es sich schließlich darin auflöst, darin verbrennt und verschwindet. In den Himmel gelangt man nur ohne ICH, denn der Himmel ist die Verschmelzung mit Gott. Manche Menschen gehen bei ihrem Tod durch das Fegefeuer, andere tun dies schrittweise bereits zu Lebzeiten. Einige wenige Heilige gelangen zu Lebzeiten bis in den Himmel und kehren daraus in die Hölle zurück, um anderen Menschen zu helfen.

--------------------

Das Vorangehende ist das, was ich mir mit meinem beschränkten Menschenverstand in den letzten zwei Tagen versucht habe verständlich zu machen. Statt der für mich sehr abstrakten fernöstlichen Vokabeln wie "Bewußtsein" und "Gewahrsein" etc. habe ich die gewohnten Vokabeln aus meiner christlichen Konditionierung genutzt. Ich kann das tun, weil ich mich von ihrem früheren Bedeutungsinhalt bereits vor langer Zeit gelöst habe. Jetzt kann ich sie mit neuem Inhalt füllen. Diese (vormals christlich geprägten) Worte haben für meinen Geschmack mehr Fleisch als die abstrakten Worte aus dem buddhistischen Raum, sie sprechen stärker zu mir, sie berühren mich mehr.

Nun zu meiner Erfahrung der letzten zwei Tage. Ich muß jetzt leider im Rückblick schreiben, das ist immer weniger authentisch als dann zu schreiben, wenn es einfach so spontan herausfließt. Nach dem letzten Eintrag, an dessen Ende ich zu der Einsicht gelangt war, daß das ICH so etwas wie der Versucher, der Satan in uns ist, war ich für mehrere Stunden in einem Zustand erhöhter Wachheit. Ich sah mich ein wenig wie einen Alien, der auf der Erde gelandet ist, ich war mir fremd. Während ich durch einen menschengefüllte Passage und über einen Weihnachtsmarkt ging, hatte ich immer wieder spontane Tränenausbrüche und ein Gefühl der Erleichterung und des inneren Friedens. Dazwischen hatte ich auch immer wieder eine sehr starke innere Unruhe, ein inneres Brennen und Verlangen, schmerzliche Sehnsucht nach Erkenntnis der Wahrheit und Schmerzen im Brustkorb (durch ein Gefühl der Einengung und der Sehnsucht nach Weitung, nach Öffnung)).

Am Abend las ich dann erstmals in dem Buch "Pointers – Wegweisende Gespräche mit Sri Nisargadatta Maharaj" von Ramesh S. Balsekar (Ramana Maharshi habe ich dagegen nach wenigen Seiten wieder weggelegt, mit Maharaj kann ich derzeit mehr anfangen). Das lenkte meine Gedanken und mein Verständnis noch zusätzlich in die Richtung, in die ich ausgelöst durch "Reines Sein" (Gerd-Lothar Reschke) sowieso schon blickte. Am nächsten Tag hatte ich für kurze Zeit Gelegenheit, alleine einen Spaziergang in kalter Winterluft zu machen. Ich hatte ständig starke Tränenausbrüche, starke religiöse Gefühle, die ich seit sehr vielen Jahren überhaupt nicht mehr kannte, ein Gefühl von Ehrfurcht und Gefühle von tiefer Reue. Es war ein intuitives Erfassen eines Hauchs von Wahrheit (man spürt es, wenn man dicht an der Wahrheit dran ist), gemischt mit den angelesenen Gedanken und meinen eigenen Reflexionen.

An diesem Abend versuchte ich dann, mich einem nahestehenden Menschen verständlich zu machen. Das endete in einer Diskussion, in der ich mich verstrickte, was mich von meiner empfundenen Wahrheit wegführte. Es verdunkelte meinen Blick auf die Wahrheit.

Heute fühlte ich mich wieder weitgehend "normal", im Alltagsbewußtsein der Ich-Persönlichkeit gefangen. Ich unternahm im Dunkeln einen Spaziergang in den Wald in der Hoffnung, wieder näher an die Wahrheit zu gelangen. Auf der Heide war ich erneut tief ergriffen von dem Bewußtsein, einen Auftrag zu haben, einen Sinn für mein Leben zu sehen.

Dieses intuitive Wissen muß ich jetzt dem Verstand irgendwie begreiflich machen, so daß es für mich umsetzbar ist. Meine Aufgabe ist jetzt also, mein ICH zu töten. Bzw. zu erkennen, daß es ein unabhängiges ICH gar nicht gibt. Jegliche Gedankentätigkeit, die mich aus dem Hier und Jetzt und von dem, was tatsächlich ist, wegführt, ist falsch. Richtig ist nur authentisches spontanes Handeln gemäß der inneren Wahrheit, die aus meiner Rolle folgt. Die Rolle jedes Menschen ist eine andere, sie ergibt sich aus "Gottes Drehbuch".

Ich habe bereits akzeptiert, daß ich nicht mein Körper und nicht mein Verstand bin. Ich bin ein Bewußtsein, das mit Gott (oder mit dem Ganzen, der Einheit, dem Geist oder wie auch immer man es nennen will) verbunden ist. Ich sehe mich aber immer noch als getrennt insofern, daß ich mich als Werkzeug Gottes sehe. Ich bin Gottes Augen und Ohren etc. Die nächste Stufe der Wahrnehmung wäre wohl, mich als Gottes Sehen und Hören zu begreifen, aber das ist mir noch zu fern. Ich hänge nicht mehr der Ich-Illusion als solcher an, aber ich bilde mir immer noch ein, einen minimalen Handlungsspielraum zu haben, so wie ein Schauspieler, der zwar seine Rolle spielt, aber innerhalb der Rolle noch improvisieren kann und das Schauspiel so ein wenig verändern kann. Möglicherweise ist auch das eine Illusion, von der ich mich noch befreien muß.

Wie schaffe ich es, als ICH völlig in den Hintergrund zu treten mit dem Ziel, völlig zu verschwinden, um so dem in diesem menschlichen Körper angelegten göttlichen Bewußtseinssamen zu voller Entfaltung zu verhelfen? Ein Rätsel.

Ich fühle mich am heutigen Abend entspannt, gelöst, friedlich. Das Wichtigste ist jetzt, glaube ich, offen zu sein für die Impulse aus meinem Inneren, die von meinem wahren Selbst stammen, das von Gott nicht getrennt ist. Ich muß meinem wahren Selbst dienen, und damit diene ich dem Ganzen.

Bin ich froh, nicht im Mittelalter zu leben, denn damals wäre ich gewiß als Hexe verbrannt worden. ;-)